Technischer Fortschritt wirkt sich auch auf Erbschaften aus. Bei der Abwicklung von Erbfällen tauchen immer wieder neue praktische Hürden auf. Im aktuellen Erbfall des Monats ist es eine Bankverbindung, auf die es zwei Jahre lang überhaupt keine Hinweise gab. Das Tagesgeldkonto wurde als Online-Bankkonto bei einer Direktbank online geführt. Das ist praktisch, wenn man mit seinem Computer umgehen kann und die altbekannten Berge an Kontoauszügen vermeiden möchte. Das Online-Bankkonto im Erbfall kann allerdings an den Erben vorbeigehen.
Herausforderungen beim Online-Bankkonto im Erbfall
Für Erben und Testamentsvollstrecker ist es schwierig herauszufinden, wo sie nach Bankkonten suchen sollen. Früher kamen Kontoauszüge per Post und Sparbücher lagen in der Wohnung des Erblassers. Beim Online-Bankkonto ist das anders. Da gibt es nur dann Schriftstücke, wenn der Kontoinhaber etwas ausgedruckt hat. Der Rest ist entweder nur online abrufbar, manchmal auch auf der Festplatte des Computers gespeichert. Der Erbe ist zwar im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge automatisch Inhaber auch der Online-Bankkonten. Praktisch nutzen kann man aber nur das, was einem bekannt ist.
Datenschutz und Online-Bankkonto
Wenn der Computer durch ein Paßwort geschützt ist, dann sind die Daten schwer zugänglich. Die Rechtslage verbietet es eigentlich, nach dem Tod des Eigentümers die Daten von einer paßwortgeschützten Festplatte anzuschauen. Hier gilt regelmäßig das „postmortale Persönlichkeitsrecht“ mehr als die Interessen der Erben. Auch sonst wird Datenschutz heutzutage oft als Grund genannt, warum die Erben von vielen Stelen keine Auskünfte bekommen.
Glücklicher Zufall
In unserem Fall kam durch einen glücklichen Zufall ein Brief von der Online-Bank per Post. Es war eine Information, die die Bank allen Kunden geben mußte. Damit war es naheliegend, daß es bei dieser Bank ein Konto gibt. Der Testamentsvollstrecker konnte die Bank anschreiben und darauf hinweisen, daß die Kontoinhaberin bereits vor zwei Jahren verstorben ist. Daraufhin schickte die Bank ein Formular, mit dem der Erbfall abgewickelt werden kann.
Praxis-Tip
Dieser Fall zeigt sehr deutlich, daß es im Online-Zeitalter oft vom Zufall abhängt, ob die Erben überhaupt etwas von den Vermögenswerten erfahren. Je mehr online gemacht wird, desto wichtiger wird es, zum Beispiel eine Liste mit Vermögenswerten zu machen. Diese Liste muß dann freilich später für die Erben sichtbar sein, also zum Beispiel jährlich ausgedruckt werden. Wenigstens sollte den zukünftigen Erben gesagt werden, bei welchen Banken Geld liegt, das sie später einmal erben werden. Sonst passiert es schnell, daß niemand an das Guthaben rankommt, weil man einfach nicht weiß, wo Geld angelegt oder ein Girokonto online geführt wurde. Das wiederum ist ein altes Problem, das bei Schweizer Bankkonten im Nachlaß (unser Erbfall des Monats April 2015) schon lange in vielen Erbfällen zum Verlust von Vermögenswerten führt.