Erbfall des Monats - Juli 2014

Schweizer Bankkonten im Nachlass

Immer wieder bringen Menschen mit Wohnsitz in Deutschland Geld in die Schweiz. Dabei handelt es sich manchmal um Schwarzgeld oder Mafiagelder, oft ist das Geld aber völlig legal und wird nur deshalb in bei einer Schweizer Bank oder einem Vermögensverwalter in der Schweiz angelegt, weil das als besonders sicher gilt. Hält dieser Eindruck der meisten Geldanleger einem Vergleich der rechtlichen Rahmenbedingungen aus deutscher Sicht stand?

Im Erbrechts-Blog muß als erstes darauf hingewiesen werden, daß ein deutscher Erbschein zwar schon in der Schweiz grundsätzlich anerkannt wird. Bei Vollmachten ist das aber schon ganz anders: Die sogenannten transmortablen Vollmachten, die über den Tod hinaus gelten, werden in der Schweiz und vielen anderen Ländern nicht anerkannt. In Deutschland sind solche Vollmachten sehr beliebt, weil sie den Erben die Abwicklung des Erbfalls stark erleichtern. Wer eine solche Vollmacht hat, kann auch ohne Erbschein zum Beispiel bei Banken Geld überweisen oder abheben. Es muß also nicht das Verfahren abgewartet werden, bis der Erbschein erteilt ist. Und bei einem größeren Vermögen sind die Kosten für den Erbschein auch ein sehr wichtiges Argument dafür, daß der Erblasser eine Vollmacht erteilt, mit der später automatisch die Erben als seine Rechtsnachfolger vertreten werden. Wie gesagt wird eine Schweizer Bank so eine Vollmacht aber kaum akzeptieren.

Vor dem Erbfall gibt es aber noch größere Unterschiede zwischen dem deutschen und dem schweizerischen Recht: Sowohl Banken als auch Vermögensverwalter haben Allgemeine Geschäftsbedingungungen (AGB), die zusammen mit den staatlichen Gesetzen den rechtlichen Rahmen für die Beziehungen zwischen Anleger und Bank bzw. Vermögensverwalter regeln. Die AGB Schweizer Vermögensverwalter und Banken regeln fast immer, daß die vom Gesetz vorgesehene Nichtigkeit von Verfügungen nach Eintritt der Urteilsunfähigkeit (dem Schweizer Equivalent zur deutschen Geschäftsunfähigkeit) ausgeschlossen wird. Wenn der Kunde also dement wird und seine Anlageentscheidungen nicht mehr versteht, soll er nach diesen AGB auf seinem Verlust sitzenbleiben. Konkret bedeutet das dann: Wenn ein altes Großmütterchen mit mittelgrasiger Demenz nicht einmal mehr versteht, was Sparbuchzinsen sind, in diesem Zustand ihren Anlageberater in der Schweiz anruft und Finanztermingeschäfte wünscht, ist sie ihr Vermögen wohl tatsächlich innerhalb weniger Tage los; sie selber versteht das Geschäft ja wegen der Demenz nicht, der Anlageberater hat den Auftrag zum Kauf hochspekulativer Anlangen entgegengenommen, und die Schweizer AGB wollen verhindern, daß das Geschäft als unwirksam gilt.

Der deutsche Leser dieses Beispielsfalls wird jetzt denken: Das ist ein Schauermärchen, so etwas kann es gar nicht geben. Nach Schweizer Recht ist es aber tatsächlich möglich, die Nichtigkeitsfolge einer später eintretenden Urteilsunfähigkeit  wirksam auszuschließen. Der Anlageberater muß dann nur noch seine Beratungspflichten erfüllen, auch wenn der Kunde das Beratungsgespräch gar nicht mehr versteht. Der Verfasser dieser Zeilen hatte übrigens einen ganz konkreten Praxisfall, in dem ein Vermögensverwalter aus der Schweiz seine Kundin in Stuttgart auf der Demenzstation eines Pflegeheims besucht hat, um Unterschriften einzuholen, die nach Schweizer Recht immer noch wirksam waren. Die Geldanlage ging dann auch hoc hschief, so daß die ehemals reiche Frau in den letzten Monaten auf Sozialhilfe für ihre Pflegekosten angewiesen war. Das ist sehr tragisch für den betroffenen dementen Mensch, und nicht einmal seine Erben werden das verlorene Geld wieder zurückholen können.

An diesem Beispiel sieht man einmal mehr: Wer im „sicheren“ Ausland Geld anlegt, sollte sich vorher genau anschauen, was in den ausländischen Gesetzen und in den AGB seiner Bank oder des Vermögensverwalters steht. Vorsicht ist hier besser als Nachsicht.

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