Unser Erbrechts-ABC entmystifiziert juristisches Fachvokabular und bietet Ihnen einen klaren Überblick über die wichtigsten Begriffe und Konzepte.
Alternative Bezeichnung: Letztwillige Verfügung: Oberbegriff für Regelungen zur Vermögensnachfolge im Erbfall. Derartige Verfügungen sind beispielsweise Erbeinsetzung, Enterbung, Vermächtnisanordnung, Teilungsanordnung, Auflage, Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Letztwillige Verfügungen werden in einem Testament oder Erbvertrag geregelt.
Es gibt auch Regelungen auf den Todesfall, die außerhalb des Erbrechts geregelt werden, zum Beispiel eine Schenkung auf den Todesfall oder eine Bezugsberechtigung bei einer Lebensversicherung (Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall).
Wer ein Vermächtnis (BGB §§ 2147 ff) zugewendet bekommt, kann vom Erben eine bestimmte Sache oder einen bestimmten Geldbetrag verlangen. Der Rest des Nachlasses geht den Vermächtnisnehmer in aller Regel nichts an. Beim „Quotenvermächtnis“ kann etwas anderes gelten, da besteht das Vermächtnis in einer Quote des Nachlaßwertes, so daß das Nachlaßverzeichnis zur Wertermittlung ausnahmsweise auch den Vermächtnisnehmer etwas angeht.
Nach dem Leitbild dieser gesetzlichen Notlösung erben die nächsten Verwandten. Dabei sind die Verwandten in Erbordnungen eingeteilt. Diese Erbordnungen richten sich nach den (Vor-)Elternteilen, von denen der Erbe abstammt (‚Parentelsystem’).
Erben erster Ordnung sind die Nachkommen des Erblassers. Kinder schließen Enkel von der Erbschaft aus. Ist eines von mehreren Kindern vor dem Erblasser verstorben, erben an der Stelle dieses Kindes seine Nachkommen neben den noch lebenden Kindern des Erblassers (‚Repräsentationsprinzip’ innerhalb eines ‚Parentels’).
Wenn keine Nachkommen vorhanden sind, erben in der zweiten Erbordnung die Eltern des Erblassers bzw. die Nachkommen eines vorverstorbenen – also vor dem Erblasser verstorbenen – Elternteils.
Erben dritter Ordnung sind die Großeltern des Erblassers bzw. die Abkömmlinge der vorverstorbenen Großeltern.
Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Von ihnen erben aber nur diejenigen, die mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt sind (‚Gradualsystem’ im Gegensatz zum ‚Parentelsystem’, das in den ersten drei Erbordnungen gilt).
Der Erbe wird im deutschen Erbrecht automatisch Rechtsnachfolger des Verstorbenen. Das heißt, der Erbe bekomm alle Rechte und alle Pflichten, die sich auf das Vermögen des Erblassers beziehen. Dabei braucht der Erbe nicht zu wissen, was alles zum Nachlaß gehört, die Rechtsfolgen treten von selbst ein.
Leicht zu verwechseln sind Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung, zumal in Testamenten oft nicht klar geregelt wird, was von beidem gemeint ist. Ein Vorausvermächtnis ist die Zuwendung eines Gegenstands, den ein Erbe zusätzlich zum Erbteil bekommt; er bekommt ihn im „Voraus“, also vor der Aufteilung des Nachlasses.
Die richtige Regelung ist aber auch im Hinblick auf die Erbschaftsteuer wichtig. Vergünstigungen für ein Familienheim oder für Betriebsvermögen können nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn den eine Fortführung im Rahmen der Anordnungen des Testaments auch konkret möglich ist. Wenn die Vermögenswerte sich im Laufe der Jahre unterschiedlich entwickeln, kann das zu Schwierigkeiten führen.
Mit Vor- und Nacherbfolge läßt sich der Erbgang über mehrere Generationen hinweg festlegen. Die Erben des Vorerben haben im Nacherbfall keinen Pflichtteilsanspruch an der Vorerbschaft.
Bei der Vor- und Nacherbschaft ist das Vermögen des Erblassers ein Sondervermögen, das vom Vermögen des Vorerben getrennt zu verwalten ist. Im Nacherbfall geht diese Vermögensmasse auf den Nacherben über.
Der Vorerbe unterliegt Beschränkungen in der Verwaltung und Verfügung über den Nachlaß, damit später der Nacherbe die Erbschaft auch tatsächlich bekommt. Von einigen Beschränkungen kann er zwar befreit werden („befreiter Vorerbe“), allerdings bleiben die im Gesetzt festgelegten Beschränkungen auf jeden Fall bestehen. Der Vorerbe darf also beispielsweise nichts von der Vorerbschaft verschenken.
Die Stellung des Vorerben ähnelt einem Nießbrauchberechtigten. Allerdings kann der Vorerbe im Fall der Tilgung den Ersatz der Tilgungsleistungen vom Nacherben verlangen. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte eine Vor- und Nacherbfolge gut überlegt und fachmännisch geregelt werden.
Oft werden Verträge als “vorweggenommene Erbfolge” bezeichnet, mit denen Vermögen (teilweise) unentgeltlich übertragen wird. Früher gab es für diese Bezeichnung wohl nicht Steuervorteile, heute ist der Begriff aber in keinem Rechtsgebiet mehr ein feststehender Ausdruck. Wenn derjenige stirbt, der das Vermögen weitergegeben hat, kommt es daher leicht zu Streit darüber, was die genaue Bedeutung sein soll, wenn Vermögenswerte ” im Wege der vorweggenommenen Erbfolge” übertragen werden. In Frage kommen unter anderem eine gewollte Anordnung der Anrechnung auf den Pflichtteil, der Ausgleichung zwischen Abkömmlingen – oder auch einfach nur von Laien verwendete Füllwörter ohne jeglichen Inhalt, die dem Vertrag einen “fachmännischen” Anstrich geben sollten. Beratung durch einen spezialisierten Rechtsberater ist bei derartigen Vermögensübertragungen sehr sinnvoll, damit diese Unklarheiten ausgeschlossen werden.
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