Erbfall des Monats - Dezember 2017

Wohnrecht in Frankreich vermachen

Frühzeitige Planung mit Fachleuten zahlt sich aus: Ein Ehepaar hat eine besondere Situation und ist rechtzeitig zur Notarin gegangen, um Testament und Vorsorgevollmacht beurkunden zu lassen. Die Notarin empfahl, einen Rechtsanwalt für eine ganz spezielle Frage zu Rate zu ziehen. Ein Ehegatte hat nämlich als Zweitwohnsitz ein Hausgrundstück in Frankreich, und nachdem beide Ehegatten aus früheren Beziehungen Kinder haben, sollen verschiedene Ziele erreicht werden. Der länger lebende Ehepartner soll im Ferienhaus in Frankreich wohnen können und die Kosten dafür bezahlen; wenn dann beide Ehegatten verstorben sind, soll die Immobilie aber an die „richtigen“ Kinder gehen, die Kinder des anderen Partners sollen nicht über Pflichtteil oder dergleichen einen Anteil davon abbekommen. Außerdem soll die letztwillige Verfügung so verbindlich sein, daß beide Eheleute sich darauf verlassen können, daß es dabei bleibt und der jeweils andere nichts mehr daran ändern kann.

Das ist alles möglich, setzt aber sehr gründliche Arbeit des Rechtsberaters voraus. Internationale Erbfälle sind eine besondere Herausforderung, da jedes Land seine eigenen Vorschriften zum Erbrecht hat. Und die Nachbarländer Deutschland und Frankreich haben sehr unterschiedliche Erbrechtssysteme. Die EU-Erbrechtsverordnung macht es uns leichter, weil jetzt immerhin geregelt ist, welches nationale Erbrecht für den gesamten Nachlaß gelten soll, auch wenn das Vermögen über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinaus verteilt sind. Wer in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, hinterläßt dann regelmäßig eine Erbschaft, die deutschem Erbrecht unterliegt.

Aus diesem Grund hat die Notarin als ersten Entwurf einen Erbvertrag geschrieben, damit der Wunsch nach Bindungswirkung möglichst gut verwirklicht wird. Allerdings verbietet das französische Erbrecht Verträge, die sich auf zukünftige Erbschaften beziehen. Es ist bisher noch nicht von der französischen Justiz entschieden worden, ob der Erbvertrag deutscher Erblasser anerkannt wird; die Fachliteratur in Frankreich ist hierzu skeptisch. Daher ist es empfehlenswert, auf das gemeinschaftliche Ehegattentestament mit einer ähnlich starken Bindungswirkung zurückzugreifen, sonst müßte der länger lebende Ehegatte seine Rechte gegenüber dem französischen Grundbuchamt oder den (Stief-)Kindern vor Gericht durchsetzen. Und das möchte man ja mit der letztwilligen Verfügung möglichst vermeiden.

Damit der überlebende Gatte das Haus in Frankreich nutzen kann, kommt ein Wohnungsrecht als Vermächtnis in Frage. Das ist auch in Frankreich bekannt und kann somit auch in der Praxis leicht umgesetzt werden.

Damit die Umsetzung besonders leicht geht und der länger lebende Ehegatte nicht die Unterschriften der Stiefkinder einholen muß, hat der notarielle Entwurf vorgesehen, den Vermächtnisnehmer zum Verwaltungstestamentsvollstrecker einzusetzen. Das ist zwar möglich, weil die EU-Erbrechtsverordnung das deutsche Erbrecht auch für die Immobilie in Frankreich gelten läßt. Aber wie setzt man es durch, wenn eine Renovierung ansteht und der Bauhandwerker vor Ort eine rechtsverbindliche Unterschrift unter seinen Auftrag bekommen will? Da wird der Handwerker nicht wirklich ein Rechtsgutachten zum deutsch-französischen Erbrecht einholen wollen. Also ist ein Blick ins französische Gesetz wichtig: Testamentsvollstreckung ist dort nur für die Abwicklung des Nachlasses möglich, nicht auch als Dauervollstreckung. Theoretisch würde zwar deutsches Recht gelten, aber es wäre vor Ort immer wieder sehr mühsam zu erklären. Aber mit juristischen „Klimmzügen“ ist eine gute Lösung möglich: Im deutschen Testament können die Erben verpflichtet werden, dem Testamentsvollstrecker eine Vollmacht nach französischen Vorgaben zu erteilen, mit der dann vor Ort reibungsloses gehandelt werden kann.

Diese Lösung hört sich vielleicht kompliziert an, sie setzt aber mit zuverlässigen Mitteln die Ziele des Ehepaars reibungsloses um. Und sie ist für einen Fachanwalt für Erbrecht mit internationaler Erfahrung relativ leicht zu formulieren, so daß das Testament keinen Spielraum für Mißverständnisse gibt. Zu derartigen Fallgestaltungen wird in der Regel eine kompetente Beratungsleistung im Wert mehrerer tausend Euro erforderlich sein, dafür wird dann das Ferienhaus im Ausland ohne juristische Fallstricke und ohne böse Überraschungen in der Patchworkfamilie vererbt.

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