Erbfall des Monats - November 2024

Willenserklärung als Testament

Vergangenen Monat fragte ein Mandant, ob er alles richtig gemacht hat.  Er hatte eine Willenserklärung als Testament verfaßt.  Es ist jedes Mal schön, wenn diese Frage gestellt wird.  Damit wird vermieden, daß eine unsachgemäße Formulierung im Erbfall große Schwierigkeiten verursacht.  Die Details dieses Erbfalls der Monats:

Der Sachverhalt

Das Testament war unklar formuliert.  Die Überschrift war „Willenserklärung“.  Der Mandant war sich nicht sicher, hatte vor ein paar Jahren aber das Wort Willenserklärung als Testament verstanden.  Darunter stand dann:  „Ich vermache unsere gemeinsame Wohnung meinem Ehegatten und auch das Kapitalvermögen.“  Für den Fachmann zum Erbrecht gibt es hier vor allem zwei Punkte, die man zwar so verstehen kann, wie der Mandant es meint.  Aber es sind Probleme in der Formulierung, die der Fachmann eigentlich nur durch Auslegung einer Willenserklärung retten kann.  Das können Juristen oft ganz gut, der Autor empfiehlt trotzdem unmißverständliche Formulierungen, damit seine Kollegen nicht eine andere Meinung als Ergebnis herausbekommen.

Willenserklärung als Testament?

Die Überschrift Willenserklärung als Testament ist verstehen, macht dem Fachmann wenig Probleme.  Denn das Wort Willenserklärung ist der Oberbegriff für eine Vielzahl an bewußten Erklärungen, die eine Rechtsfolge bewirken sollen.  Ein Testament ist eine einseitige Willenserklärung, die nicht einmal einem Empfänger zugehen muß. 

Wirksamkeit des Testaments mit Überschrift „Willenserklärung“

Ein Testament braucht nicht als solches bezeichnet zu werden.  Theoretisch ist gar keine Überschrift erforderlich.  Es reicht aus, daß sich aus dem Inhalt ergibt, daß das Vermögen nach dem Todesfall bestimmten Personen zugewiesen wird oder sonstige erbrechtlich Verfügungen im Dokument stehen.  Einfacher ist es freilich, wenn eine Überschrift es erleichtert, das Dokument auf den ersten Blick als Testament zu erkennen.
Man kann sich jetzt aber auch fragen, ob so eine juristische Abhandlung zielführend ist.  Einem Jurastudent im ersten Studienjahr macht das sicher mehr Freude als den Hinterbliebenen, die beim Durchsehen des Nachlasses ein Schriftstück mit der Überschrift „Willenserklärung“ finden und sich dann zusammenreimen müssen, daß es ein Testament ist.  Einfacher ist es, „Testament“ als Überschrift zu verwenden.

Gemeinsame Wohnung vermachen

Die spannende Frage ist, was die „gemeinsame Wohnung“ im Testament eines einzelnen Testators bedeutet.  Im konkreten Fall handelt es sich um eine Eigentumswohnung, an der dem Testator ein Anteil von ein halb gehört.  Eigentlich kann er nur über seine eigene Hälfte am Eigentum verfügen.  Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist aber auch die Möglichkeit vorgesehen, ein Verschaffungsvermächtnis anzuordnen.  Dann muß der Erbe dem Vermächtnisnehmer den Gegenstand verschaffen, der im Testament steht.  Das ist schon nicht ganz einfach, wenn es eine konkrete halbe Wohnung sein soll und der andere Miteigentümer sich nicht von seinem Anteil trennen möchte.
Schwierig wird es hier aber vor allem dann, wenn es sich außerdem noch um ein Ehepaar handelt, und beide Ehegatten ein vergleichbares Testament errichten, das sich aufeinander zu beziehen scheint.  Dann kann die Regelung zur gemeinsamen Wohnung eine wechselbezügliche Verfügung mit Bindungswirkung sein.  Ob das gewollt ist, ist eine sehr komplizierte Frage.  Für diesen Praxisfall spielt diese Frage ausnahmsweise aber keine Rolle.
Es bleibt aber die Frage offen, ob denn nun ein Verschaffungsvermächtnis vorliegt oder ob auch in diesem Punkt „nur“ eine schlechte Formulierung zu Papier gebracht wurde, die man „durch Auslegung retten“ kann.  Im aktuellen Erbfall des Monats ist das Problem durch den Zufall nicht so gravierend, daß die folgende Überlegung das Problem voraussichtlich lösen wird:

Vermachen oder vererben

In der Umgangssprache wird nicht sauber getrennt zwischen den Fachausdrücken und vermachen oder vererben von einigen synonym verwendet.  Dabei sind das gerade keine Synonyme, sondern zwei grundverschiedene Arten, Vermögen im Erbfall weiterzugeben.
Der Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger, er bekommt das gesamte Vermögen des Erblassers.  Dafür brauchen die Gegenstände nicht aufgezählt zu werden, weil der Erbe ja sowieso alles bekommt.
Dem Vermächtnisnehmer steht der konkrete Gegenstand zu, der ihm durch das Testament vermacht ist.  Am sonstigen Vermögen aus der Erbschaft bekommt er nichts und kann darüber auch keine Auskunft verlangen.
Die Auslegung führt manchmal dazu, daß der Testator etwas anderes gemeint hat.  Im aktuellen Fall ist es so, daß das Vermögen praktisch nur aus der halben Wohnung und Kapitalvermögen besteht.  Hier sieht der Fachmann, daß das Testament das gesamte Vermögen einer Person zuweist, also nicht vermacht sondern vererbt.  Und diese Person ist außerdem gesetzlicher Erbe, würde also auch ohne Testament erben.  Besser wäre es trotzdem, saubere Formulierungen zu verwenden.  Dann muß nicht erst der Nachlaßrichter den Fall retten durch Auslegung der Willenserklärung als Testament mit dem Inhalt, der tatsächlich gewollt war.
Ideal ist es, ein Testament vom spezialisierten Erbrechtler entwerfen zu lassen.  Dann sind die Formulierungen unmißverständlich und erreichen das gewünschte Ergebnis optimal.

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