„Green Effects“-Anteile im Nachlaß eines verstorbenen Kleinanlegers kommen bei unseren Mandanten immer häufiger vor, wir haben in diesem Blog bereits im Erbfall des Monats August 2021 berichtet. Die Besonderheit dabei ist, daß sie über einen vertrauenswürdig erscheinenden Vermittler verkauft wurden und von einem Treuhänder in Irland verwahrt werden. Zum Problem wird das dann regelmäßig dadurch, daß die Erben nicht durchschauen können, ob denn nun der Vermittler mit Hauptsitz in Hamburg zuständig ist, der Treuhänder in Dublin oder die Bank in Irland, bei der diese Anteile verwahrt werden. Im Ergebnis geht es dann regelmäßig darum, daß der Treuhänder über den Vermittler ausrichten läßt, der Erbe müsse einen irischen „Grant of Probate“ und zahlreiche andere Nachweise vorlegen. Das ist mühsam und teuer. Im aktuellen Erbfall des Monats hat der Verstorbene immerhin schon zu Lebzeiten eine Vollmacht an seinen Erben erteilt, die er aus einem deutschen Formularheft für Laien übernommen hat. In der Vollmacht steht ausdrücklich drin, daß der Bevollmächtigte auch „über den Tod hinaus“ handeln kann. Auf den ersten Blick sieht das einfacher aus, als ein Nachlaßverfahren beim örtlich zuständigen Probate Office in Irland durchzuführen. Das Problem beginnt jedoch schon damit, daß eine solche „transmortale Vollmacht“ (über den Tod hinaus geltende Vollmacht) in vielen Ländern gar nicht wirksam ist. In Irland ist es jedenfalls schwierig, mit einer solchen Vollmacht den Nachlaß abzuwickeln. Dazu kommt noch, daß die Vollmacht ja in deutscher Sprache erteilt wurde, also für Irland erst einmal eine Übersetzung in die englische oder irische Sprache nötig wäre. Die Alternative ist es, irische „Probate Documents“ vorzulegen. Der Grant of Probate ist nicht für alle Fälle das geeignete Mittel, es kommen dort nämlich auch noch einige andere Nachweisdokumente für die Berechtigung in Frage, wer über den Nachlaß verfügen darf. Für den passenden „Grant“ ist es entscheidend, ob ein Testament vorliegt oder gesetzliche Erbfolge eintritt; und ob im Fall eines Testaments kommt es dann noch darauf an, ob denn ein „Executor“ vorgesehen ist; die Aufgaben des Executor sind im irischen Recht anders definiert als die des deutschen Testamentsvollstreckers. Theoretisch kann in Irland jeder sein Verfahren beim Gericht selber führen. In der Praxis empfiehlt es sich aber schon, einen Rechtsanwalt mit einer passenden Spezialisierung damit zu beauftragen. Das gilt umso mehr, wenn es ein internationaler Fall ist und der Erbe das irische Rechtssystem nicht kennt. Umgekehrt kennen viele irische Anwälte das deutsche Rechtssystem nicht, so daß Erbe und Anwalt sich im schlimmsten Fall trotz Wörterbuch gegenseitig nicht gut verstehen werden, weil man bei der Übersetzung zwischen zwei Rechtssystemen nicht nur die Wörter übersetzen sollte. Ein wenig Erfahrung mit deutsch-irischen Erbfällen sollte der passende Anwalt also schon haben. Wer einen irischen Solicitor beauftragt, ist auch gut beraten, gleich von Anfang an nachzufragen, ob noch ein deutscher Rechtsanwalt nötig sein wird für den „Affidavit“ zum deutschen Erbrecht; das ist eine Art Rechtsgutachten, das man in Irland selber bei Gericht vorlegen muß, wenn aus Sicht des irischen Nachlaßgerichts ausländisches Recht eine Rolle spielt. Relativ einfach wird es für den Erben, wenn der Anwalt alles aus einer Hand anbietet, wenn auch möglicherweise durch die Zusammenarbeit von zwei Anwälten aus beiden Ländern. Die Fragen nach den Kosten und der Dauer der Abwicklung in Irland sind auch nicht immer einfach zu beantworten. Die Faustregel ist: Entweder geht es schnell und reibungslos oder günstig und aus deutscher Sicht auch oft holprig. Die Kosten für eine schnelle Abwicklung kann man mit rund €10.000 bis €20.000 einplanen, wer viel Zeit hat kann auch schon für rund €3.000 das irische Nachlaßverfahren vom Fachmann erledigt bekommen. In diesen Preisen sollten Kosten für Übersetzungen und alle Arten von Gebühren sowie Umsatzsteuer bereits enthalten sein. Bei der Umsatzsteuer gibt es dann noch einen kleinen Trick zum Steuern sparen: Das EU-Mehrwertsteuersystem hat die Grundregel, daß diese Steuer nur ein Mal anfallen soll. Wenn mehrere Unternehmen zusammenarbeiten, kann der eine Unternehmer sich vom anderen zuarbeiten lassen und muß nicht die Steuer im anderen Land bezahlen. Das wissen zwar die meisten Betroffenen nicht, läßt sich aber gerade bei deutsch-irischen Fällen geschickt nutzen. Die „irische Value Added Tax“ (VAT) beträgt derzeit 23%, die deutsche Umsatzsteuer für Leistungen eines Rechtsanwalts nur 19%. Wenn nun ein Auftrag an einen federführenden deutschen Anwalt erteilt wird, der die irische Kanzlei für sich einzelne Aufgaben erledigen läßt, dann bezahlt der Mandant im Ergebnis nur dien deutschen Steuersatz von 19%, spart also 4% auf das Nettohonorar und die Auslagen, die in Irland anfallen. Bei den erschreckend hohen Kosten dafür, daß der Erbe an eine ganz normale Geldanlage wie eben die „Green Effects“-Investmentfondsanteils herankommt, stellt sich aber auch noch eine ganz andere Frage: Gibt es Schadenersatz für die „Anlageberatung“, die allzu offensichtlich schlecht war? Immerhin ist es die einfachste und normalste Sache der Welt, einen Investmentfonds mit deutscher Zulassung hier vor Ort bei einer Bank oder Sparkasse zu kaufen, so daß der deutsche Erbschein, eine transportable Vollmacht oder dergleichen völlig ausreicht. Der Treuhänder im Ausland bringt keine ersichtlichen Vorteile für den Anleger, dafür aber extremen Zusatzaufwand und jede Menge Ärger bei der Abwicklung. Und es ist bisher auch in allen uns bekannt gewordenen Fällen so gewesen, daß der Finanzvermittler gar nicht erst erwähnt hat, daß ein fachmännisch gemachtes irisches Testament die Abwicklung dieser Geldanlage im Todesfall des Anlegers wesentlich erleichtern würde. Es ist daher naheliegend, vom Anlagevermittler Schadenersatz zu verlangen. Trotzdem muß man als Rechtsanwalt erschreckend oft erleben, daß die Betroffenen nichts unternehmen wollen und teilweise sogar auf die Abwicklung der Geldanlage verzichten, für die sie immerhin schon mit ihrem eigenen Geld Erbschaftsteuer bezahlen mußten, und das Geld dann beim „Treuhänder“ des unseriösen Anlagevermittlers liegen lassen. Wer sich helfen läßt, kommt allerdings mit Hilfe eines guten Rechtsanwalts an sein Geld.