Erbfall des Monats - Mai 2021

Werden Steuerberaterkosten für Erbschaftssteuererklärung “geerbt”?

Gerade haben wir einen Fall auf dem Tisch von der Sorte, so etwas hält kaum jemand für möglich, und zwar sowohl auf der sachlichen Ebene als auch auf der emotionalen Ebene: Der Steuerberater und „Rechtsbeistand für Bürgerliches Recht“ der Erblasserin schickte eine Rechnung für eine Erbschaftsteuererklärung an die Erbin, ohne daß diese sich daran erinnern konnte, daß sie ihm jemals einen Auftrag erteilt hätte. Er verlangte von ihr einen vierstelligen Betrag an Honorar. In der Rechnung war nicht einmal der Gebührenfaktor nach der Steuerberatervergütungsverordnung genannt, und der Leistungszeitraum war lapidar mit „2020“ angegeben, ohne das Halbjahr zu benennen – dabei hatten die beiden Halbjahre in 2020 unterschiedliche Umsatzsteuersätze, was für die Höhe der Rechnung relevant ist. Im Begleitschreiben vom Frühjahr 2021 teilte er dann noch mit, die Rechnung sei aus Versehen seit ein paar Monaten liegen geblieben, die Erbin solle ihn jetzt aber sehr schnell bezahlen. Die Erblasserin habe ihn vor ihrem Tod gebeten, daß er sich später auch um die Erbschaftsteuer der Hinterbliebenen kümmern solle. Als Anlage zu seinem Schreiben legte der Steuerberater noch eine Kopie eines Teils der Formulare der Erbschaftsteuererklärung vor, den Großteil dieser Formulare behielt er aber für sich. Zum besseren Verständnis der Hintergründe des Falls noch eine Ergänzung: Als der Erbfall noch frisch war, polterte der Steuerberater und „Rechtsbeistand für Bürgerliches Recht“  im Termin zur Testamentseröffnung bereits ohne erkennbaren Anlaß herum, die Erbin hätte sich gegenüber ihrer Mutter, der Erblasserin, jahrelang schlecht verhalten; tatsächlich hatte sie sich lediglich um ihren schwerstbehinderten Sohn intensiver gekümmert als um ihre Mutter, was dem Herrn Steuerberater und Rechtsbeistand aber gleichgültig war. Im übrigen ist sie selber Steuerberatergehilfin und könnte eine Erbschaftsteuererklärung in einem einfachen Fall wie diesem auch selber machen; den unsympathischen Poltergeist hätte sie auf keinen Fall jemals mit irgend etwas beauftragt. Man kann sich vorstellen, wie die Erbin jetzt von der unerwarteten Rechnung für die unbestellte „Leistung“ des Steuerberaters überrascht und verunsichert war. Sie wollte natürlich auch nicht riskieren, daß sie verklagt wird, wenn sie diesen Steuerberater nicht bezahlt.
Die Erbin wollte in dieser Situation die Sicherheit haben, daß sie alles richtig macht, nicht zu viel zahlt, und daß sie auch die Kontrolle über ihr Erbe behält. Also ließ sie sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten, was in so einem merkwürdigen Fall zu tun ist. Etwa ein Drittel der Ausbildung zum Fachanwalt für Erbrecht ist Erbschaft- und Schenkungsteuer, so daß sich der Fachanwalt für Erbrecht in diesem Bereich mindestens so gut auskennt wie ein durchschnittlicher Steuerberater, und den „Rest“ des Falles kann der Rechtsanwalt in jeder rechtlichen Hinsicht beurteilen. Bei ungewöhnlichen Fällen ist es wichtig, jedes Detail genau anzusehen, damit nicht das kleine Detail übersehen wird, das den Unterschied ausmacht zur Einschätzung „normalerweise ist das so…“. Aufgabe des Rechtsanwalts ist es nämlich, seine Mandanten vor allen vermeidbaren Überraschungen in allen Rechtsfragen zu bewahren.
Der Blick auf die Details ergab in diesem Fall aber nur, daß die Forderung dieses Steuerberaters wirklich so absurd ist, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hat: Ein Auftrag kommt nur zustande, wenn der Auftraggeber das erkennbar will. Als Erbe übernimmt man zwar alles, was von der Erblasserin veranlaßt wurde; die Erbschaftsteuer ist aber keine Nachlaßverbindlichkeit, es wird nicht die Erbschaft als solche besteuert. Vielmehr schuldet jede Begünstigte diese Steuer für ihren Erwerb von der Erblasserin. Das deutsche Recht kennt keinen „Vertrag zu Lasten Dritter“, so daß die Erblasserin ihre Erbin nicht wirksam verpflichten konnte, den Steuerberater zu bezahlen. Als Rechtsbeistand für Bürgerliches Recht mußte ihm das auch klar sein.
Dazu kommt noch, daß die Steuerberatervergütung für einer Erbschaftsteuererklärung einen Gebührenfaktor nennen muß, sie fällt nämlich je nach Schwierigkeit, Aufwand usw. in Höhe von 2/10 bis 10/10 an. Der Gebührenfaktor muß auf der Rechnung genannt sein, damit sie wirksam und nachvollziehbar ist.Dieses Versäumnis führt auch schon für sich genommen dazu, daß diese Rechnung nicht bezahlt werden muß.
Ein weiterer gravierender Fehler besteht darin, daß der Leistungszeitpunkt für die erbrachten Steuerberaterleistungen nicht genannt ist. Eine Jahreszahl reicht dafür nicht aus, erst recht nicht wenn es in dem Jahr einen Wechsel der Steuersätze zur Jahresmitte gab. Je nachdem, was abgerechnet wird, muß entweder der Zeitraum der gesamten abgerechneten Tätigkeit angegeben werden oder aber ein bestimmter Tag, an dem die Leistung von Gesetzes wegen als fällig gilt. Mindestens ein konkreter Monat muß angegeben werden (UStG § 14 IV Nr. 6, UStDVO § 31 IV). Der Verstoß gegen dieses Erfordernis läßt freilich auch Zweifel daran zu, ob der Steuerberater überhaupt noch seinen Aufgaben gewachsen ist, wenn er nicht einmal die Anforderungen des Steuerrechts an seine eigene Rechnung erfüllt.
Dieser Erbfall des Monats endet damit, daß der Fachanwalt für Erbrecht dem Steuerberater schreibt, warum seine Rechnung nicht bezahlt wird. Wenn sich die Erbin etwas Zeit dafür nehmen möchte und einen Vorschuß auf Prozeßkosten bezahlt, kann sie außerdem die Rechtsanwaltskosten für die Abwehr der offensichtlich unbegründeten Forderung des Steuerberaters zurückbekommen.

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