Erbfall des Monats - Dezember 2020

Welches Erbrecht gilt bei Familienmitgliedern im Ausland?

Häufig gibt es im Erbrecht einen Bezug zum Ausland. Das hat große Auswirkungen gerade bei Familien mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten oder wenn die Familie auf mehrere Länder verteilt lebt: Da stellt sich die Frage, das Erbrecht welchen Landes für einen Erbfall Anwendung findet.
Im aktuellen Erbfall des Monats kommt beides zusammen: Der Ehemann ist Deutscher und hat früher in Österreich gelebt. Die Ehefrau ist Peruanerin. Jetzt leben beide ausschließlich in Deutschland, haben gemeinsame Kinder und haben seit ein paar Jahren ausschließlich hier ihre sozialen und familiären Kontakte. Aus einer früheren Beziehung in Österreich hat der Ehemann ein uneheliches Kind, zu dem er bewußt keinen Kontakt hatte. Die beiden Ehegatten haben ein Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. In der Beratung beim Fachanwalt für Erbrecht stellt das Ehepaar drei Fragen: (1.) Das Kind in Österreich hat doch keinen Pflichtteil? (2.) Welches Erbrecht gilt, wenn einer der beiden Ehegatten stirbt. (3.) Ändert sich etwas daran, wenn sie in die Heimat der Ehefrau nach Peru ziehen?
Die Antworten sind aus Sicht des Fachmanns ziemlich einfach:
(1.) Es war einmal tatsächlich so, daß das österreichische Erbrecht keine Ansprüche vorgesehen hat für uneheliche Kinder, die keinerlei Kontakt zu ihrem Vater hatten. Ob das heute noch so ist, spielt aber deshalb keine Rolle, weil im vorliegenden Fall der Vater in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Seitdem die Europäische Erbrechts-Verordnung (EU-ErbVO) gilt, ist der Anknüpfungspunkt, nach dem sich das anwendbare nationale Erbrecht richtet, der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers – außer in einer letztwilligen Verfügung wird eine Rechtswahl für das Erbrecht der Staatsangehörigkeit getroffen. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, wo das Kind lebt. Und für den deutschen Pflichtteil ist es vollkommen unerheblich, ob irgendwelche Kontakte zwischen Vater und Kind bestehen. Wenn der Vater stirbt, kann das uneheliche Kind aus Österreich von der Erbin seinen Pflichtteil verlangen. Das muß bei der Planung des Nachlasses und bei der Vermögensstruktur beachtet werden, damit es später einmal keine großen Probleme geben wird.
(2.) Wenn ein Ehegatte stirbt und im Testament der andere zum Alleinerben berufen ist, dann gilt das Erbrecht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Verstorbenen – außer in einer letztwilligen Verfügung wird eine Rechtswahl für das Erbrecht der Staatsangehörigkeit getroffen. Das ist jedenfalls die Regelung, die in Deutschland seit Spätsommer 2015 gilt. Nach unserer Regelung gilt das für das weltweite Vermögen, damit keine Nachlaßspaltung nach Vermögenswerten in den einzelnen Ländern mit den damit verbundenen Wertungswidersprüchen auftreten kann. Sobald aber Vermögenswerte außerhalb des Anwendungsbereichs der EU-ErbVO vorhanden sind, stellt sich die Zusatzfrage, ob unsere Regelungen durchsetzbar sind. Gerade bei Immobilien wird das Grundbuchamt regelmäßig die eigenen nationalen Regelungen vorziehen. Darauf sollte man aufpassen, wenn man Vermögen im Ausland hat.
(3.) In Peru gilt ein Rechtssystem auf der Basis des Code Napoleon. Danach ist die Nachlaßspaltung für all die Fälle vorgesehen, in denen ein Erblasser in einem Land lebte und in einem anderen Land Immobilieneigentum hatte. Außerdem können Kinder nicht durch ein Testament willkürlich von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Es gibt die „Reserve“, ein sogenanntes Noterbrecht mit einer Mindest-Erbquote der Kinder. Bevor die Familie nach Peru zieht, sollte möglichst eine Beratung zu den Details des peruanischen Erbrechts erfolgen und das Testament darauf angepaßt werden.

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