Ein Unglück kommt selten allein. Im aktuellen Erbfall des Monats ist ein Todesfall kurz nach einem anderen Erbfall eingetreten. Eine Miterbin starb, bevor ein Erbschein erteilt wurde, so daß der Nachlaß nun einer sogenannten „mehrstufigen Erbengemeinschaft“ gehört. Die jüngere Erbengemeinschaft hat einen Anteil in der älteren Erbengemeinschaft, bei der noch nicht mit der Abwicklung des Erbes begonnen worden war. Als Erbeserbe (Erbe eines Erben mit nicht abgewickelter Erbschaft) hat man dann mit Schwierigkeiten umzugehen wie zum Beispiel in diesem Fall:
Wie wird eine Erbschaft abgewickelt, wenn ein Erbe verstorben ist, bevor überhaupt ein Erbschein für den anderen Nachlaß vorliegt? Am besten denkt man in solchen Fällen zuallererst nicht an die vielen Details, sondern schaut erst einmal auf die groben Grundlinien des Nachlaßrechts. Zur Abwicklung eines Erbes ist regelmäßig ein Dokument erforderlich, das eine Person ausweist als zuständig für die Nachlaßabwicklung. Das kann ein Erbschein sein. Wenn eine mehrstufige Erbengemeinschaft entstanden ist, dann kann man dafür zwei getrennte Erbscheine verwenden, die die ursprünglichen Erben und die zweite Erbengemeinschaft getrennt voneinander „beim Namen nennen“. Es gibt aber auch eine Erleichterung für diese Fälle, nämlich einen Sammelerbschein. Darin bescheinigt das Nachlaßgericht, wer die Erben des ursprünglichen Erblassers sind und auch gleich, wer die Erben des verstorbenen Erben sind. Das kann die Abwicklung erleichtern und beschleunigen. In unserem aktuellen Praxisfall haben wir aus juristischer Sicht keine Schwierigkeiten mit dem Erbfall des Erben, bevor der erste Nachlaß abgewickelt werden konnte.
Aber auf der anderen Stufe dieser mehrstufigen Erbengemeinschaft gab es Herausforderungen, die in den letzten Jahren häufiger werden.
Bereits der erste Todesfall war überraschend eingetreten. Die Erben mußten den Nachlaß unvorbereitet abwickeln. Es gab keine Vollmachten, so daß kein Zugriff auf Bankkonten möglich war, und auch die vermieteten Wohnungen konnten ohne Vollmacht vorerst nicht verwaltet werden, solange noch kein Erbschein vorlag. Und dann dauerte das Verfahren beim Nachlaßgericht auch noch ungewöhnlich lange. Dort hatte einer der Erben einen Erbschein beantragt. Nach einigen Monaten vergeblichen Wartens und mehreren unbeantworteten Fragen nach dem Sachstand ging endlich jemand vom Nachlaßgericht ans Telefon. Man hatte versucht, alle Miterben schriftlich anzuhören, was sie vom Antrag auf den Erbschein halten. Der Brief des Gerichts an einen Miterben kam aber mehrfach zurück als unzustellbar, der Name sei an dieser Adresse nicht bekannt. Das Nachlaßgericht hat die richtige Adresse dieses Miterben über eine Melderegisteranfrage an seinem Wohnort herauszufinden versucht, er hatte Auskünfte jedoch gesperrt, weil bei seinem Beruf aus Gründen der Sicherheit besser nicht bekannt wird, wo er wohnt. In dem Telefongespräch zwischen dem Nachlaßgericht und dem Miterben, der den Erbschein beantragt hat, stellte sich dann schnell heraus, daß das Gericht aus Antrag auf den Erbschein die Adresse falsch abgeschrieben hatte. Diese Verzögerung war sehr ärgerlich, legte die Abwicklung des Nachlasses monatelang lahm, verhinderte Zugriff auf die geerbten Bankkonten und verhinderte außerdem, daß die Witwe steuerbegünstigt das Eigentum am Familienheim durch fristgerechte Nachlaßteilung erhalten konnte. Der Aufwand für die Erbschaftsteuererklärung wurde damit auch deutlich höher, als das normalerweise der Fall ist. Allerdings kann in solchen Fällen ein geschickter steuerlicher Berater für Erbschaftsteuer (z.B. ein Fachanwalt für Erbrecht) üblicherweise erreichen, daß das Familienheim dann doch steuerfrei von der Erbengemeinschaft an die Witwe gegeben wird.