Erbfall des Monats - Februar 2016

Vollmacht missbraucht – was kann der Erbe retten?

Vorsorge- und Generalvollmachten gehören inzwischen zu den Dokumenten, die beinahe jeder umsichtige Mensch einer Vertrauensperson erteilt. Damit soll unter anderem verhindert werden, daß ein Betreuungsverfahren durchgeführt werden muß, wenn die Handlungsfähigkeit durch Krankheit nachläßt oder Demenz die Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt. Leider kommt es aber auch vor, daß ein Bevollmächtigter in Verdacht gerät, in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Die Erben stehen dann vor der Frage, ob Sie das akzeptieren müssen, was der Bevollmächtigte gemacht hat oder ob sie Möglichkeiten haben, die Verfügungen des Bevollmächtigten zu kontrollieren und gegebenenfalls rückgängig zu machen.

Zunächst einmal sind viele Menschen überrascht, daß zur Vollmacht fast immer ein Auftrag mit rechtsverbindlichen Pflichten des Bevollmächtigten gehört. Der Auftrag (BGB §§ 662 ff) muß nämlich nicht schriftlich vereinbart werden, und er setzt auch keine Bezahlung des Beauftragten voraus. Selbst wenn niemals ausdrücklich darüber gesprochen wurde, wie die Vollmacht auszuüben ist, geht der Jurist von einem Auftragsverhältnis im sogenannten Innenverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten aus. Der Vollmachtgeber kann unter anderem Auskunft über die getätigten Rechtsgeschäfte und Rechenschaft über alle Einnahmen und Ausgaben verlangen sowie die Herausgabe von allem, was der Bevollmächtigte als sein Vertreter erhalten hat. Bei nachweislichem Mißbrauch der Vollmacht bestehen Schadenersatzansprüche. Wenn der Vollmachtgeber verstirbt, vererben sich alle diese vermögensrechtlichen Ansprüche auf die Erben des Vollmachtgebers.

Häufig versuchen die Bevollmächtigten bereits, Auskünfte und Rechenschaft zu verweigern, indem sie sich auf ein angebliches Gefälligkeitsverhältnis berufen, weil sie für ihr Engagement doch nicht bezahlt wurden. Wenn die Vollmacht aber eine große Verantwortung überträgt, geht man selbst bei Kindern des Vollmachtgebers nicht von einer juristisch unverbindlichen Gefälligkeit aus sondern von einem Auftragsverhältnis. Jeder Miterbe kann somit den Bevollmächtigten notfalls vor Gericht verklagen und zur Auskunft und Rechenschaft zwingen.

Immer wieder kommt dann der Einwand, die Verfügungen aus länger zurückliegenden Jahren wären schon verjährt. Tatsächlich gibt es zwar auch hier eine Verjährungsfrist. Die beginnt aber erst mit dem Ende des Auftrags, also in den meisten Fällen frühestens mit dem Tod des Vollmachtgebers. Der Bevollmächtigte muß dann sogar über das Rechenschaft ablegen, was schon länger als 30 Jahre her ist.

Häufig wird dann kurz und knapp mitgeteilt, daß monatlich ein Betrag von beispielsweise € 500,- vom Girokonto bar abgehoben wurde, um damit Lebensmittel und Medikamente für den Erblasser zu kaufen. Leider vergessen viele hilfsbereite Bevollmächtigte, daß sie sich dafür Belege geben lassen und diese auf Anforderung dem Vollmachtgeber bzw. dessen Erben zeigen müssen. Die Erfahrung zeigt immer wieder, daß gerade die gutmütigen Helfer im Pflegefall alles andere als geborene Buchhalter sind, so da ein Rechenschaftsbericht im Nachhinein nicht ohne kostspielige Hilfe eines Rechtsanwalts erstellt werden kann; und ohne Belege kann ohnehin kein lückenloser Nachweis über den Verbleib des Vermögens geführt werden. Wer hier keine Belege vorzeigen kann, wird in der Praxis diese Geldbeträge wegen Beweisnot aus der eigenen Tasche zahlen müssen. Vor Gericht wird nämlich häufig angenommen, daß Barabhebungen ohne Beleg nicht für den Vollmachtgeber vorgenommen wurden.

Diese Probleme lassen sich vermeiden, indem parallel zur Vollmacht auch ein fachmännisch auf den Einzelfall abgestimmter Auftrag schriftlich vereinbart wird. Damit können die Beteiligten vermeiden, daß ein redlicher Bevollmächtigter wegen Beweisnot für seine Hilfsbereitschaft mit Auskunftsansprüchen und Geldforderungen der (Mit-)Erben gepiesackt wird, die zu Lebzeiten des Erblassers nicht so viel für diesen getan haben. Umgekehrt sollte der Auftrag aber auch eine gewisse Absicherung gegen den Missbrauch der Vollmacht enthalten, damit nicht am Ende das Familienvermögen spurlos verschwinden kann.

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