Erbfall des Monats - Dezember 2018

Testamentsvollstrecker und Nachlassverzeichnis

Wieder einmal steht in einem Testament, daß die Kinder Erben werden sollen und ein Miterbe Testamentsvollstrecker sein soll. Insgesamt liegen sieben letztwillige Verfügungen vor, die meisten davon sind ohne Rechtsberatung „mal eben so runtergeschrieben“ worden, um die lästigen Kosten für gute Beratung zu sparen. Das Kind, das nun das Testament vollstrecken soll, hat überhaupt keine Ahnung vom Erbrecht, kennt von den zahlreichen Pflichten  dieses anspruchsvollen Amtes keine einzige. Und außerdem sind die Kinder der Erblasserin untereinander schon seit Jahren zerstritten, was erfahrungsgemäß bei der Abwicklung des Nachlasses noch schlimmer wird, als es zu Lebzeiten der Eltern schon war.
Ein Miterbe beantragt die Entlassung des Testamentsvollstreckers schon nach zwei Monaten, weil noch kein Nachlaßverzeichnis vorgelegt wurde. Begründet wurde der Antrag beim Nachlaßgericht auf Entlassung auch damit, daß der Testamentsvollstrecker von den Eltern General- und Bankvollmacht schon hatte, bevor er das Amt als Testamentsvollstrecker angenommen hat.
Es gibt bei Testamentsvollstreckung elementare Pflichten, und ohne Verzeichnis der Gegenstände und Verbindlichkeiten wüßte ja nicht einmal der Testamentsvollstrecker selber, worum er sich kümmern muß – und ob genug da ist, um alle Verbindlichkeiten zu erfüllen. Das Nachlaßverzeichnis muß also aus guten Gründen unverzüglich und auch ohne irgendeine Aufforderung erstellt werden, sobald der Testamentsvollstrecker beim Nachlaßgericht sein Amt angenommen hat. Es stellt sich also nicht die Frage, ob das Verzeichnis überhaupt aufgestellt und allen Erben gegeben werden muß sondern nur, wie schnell das geschehen muß.
Kommt es dabei auf die Vollmacht an, die im aktuellen Fall schon zu Lebzeiten der Eltern erteilt worden war? Die Pflichten als Testamentsvollstrecker und als Bevollmächtigter sind sehr verschieden, so daß die Zeit vor Amtsannahme nicht zählen kann. Schließlich ist niemand dazu gezwungen, die regelmäßige Überforderung der sehr schweren Aufgaben einer Testamentsvollstreckung zu übernehmen. Anders als bei der Annahme einer Erbschaft, die im deutschen Erbrecht durch sechs Wochen Untätigkeit als angenommen gilt, wird man nicht passiv zum Testamentsvollstrecker; erst die Ausdrückliche Erklärung beim Nachlaßgericht bringt einen in diese Position, vorher gibt es keinerlei Pflichten als Testamentsvollstrecker. Umgekehrt haben Testamentsvollstrecker auch keinerlei Kompetenzen, bevor sie das Amt nicht förmlich angenommen haben.
Bei der Generalvollmacht stellte sich dann auch noch heraus, daß diese nur durch zwei Kinder gemeinsam ausgeübt werden konnte, so war das ausdrücklich in der Vollmachtsurkunde geregelt. In unserem Verfahren des Monats war es kurioserweise so, daß beide, also Testamentsvollstrecker und Miterbe, die Vollmacht gemeinsam hätten ausüben müssen, um das zu machen, was im Antrag auf Entlassung als Testamentsvollstrecker als Unterlassen kritisiert wird. Somit trifft der Antragsteller mit seiner Kritik sich selbst, er wollte nämlich gerade nicht als Bevollmächtigter das tun, was er nun seinem Bruder als pflichtwidrige Untätigkeit vorwirft.
Aber das heißt noch lange nicht, daß er nicht doch recht haben könnte. Nur weil ein anderer nicht alles richtig macht, ist unser Testamentsvollstrecker noch lange nicht fehlerfrei. Im Gesetz steht unmißverständlich und schon seit rund 120 Jahren, daß das Nachlaßverzeichnis „unverzüglich“ erstellt werden muß. Das heißt, es muß „ohne schuldhaftes Zögern“ aufstellt werden, also so schnell wie das im konkreten Fall eben möglich ist. Genaue Fristen sind im Gesetz nicht vorgesehen, weil jeder fall anders ist und die erforderlichen Informationen unterschiedlich schnell verfügbar sind. Zwei Monate nach Amtsannahme können in vielen Fällen ausreichen, sind aber gerade bei berufstätigen Testamentsvollstrecker ohne juristische Kenntnisse sicher zu kurz, um bereits eine Entlassung als Testamentsvollstrecker zu rechtfertigen. Schließlich gibt es einen rechtskräftigen Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12.05.2017 (Aktenzeichen 8 W 40/17), mit dem eine vom Notariat Leinfelden-Echterdingen 3 eingesetzte Testamentsvollstreckerin mit juristischer Ausbildung im Amt verbleiben durfte, obwohl sie sich monatelang ausdrücklich geweigert hatte, ein Nachlaßverzeichnis vorzulegen, nach weit über einem Jahr dann ein Verzeichnis ohne jegliche Angaben zu Nachlaßverbindlichkeiten vorlegte und nach beinahe zwei Jahren Verfahrensdauer noch immer kein vollständiges Nachlaßverzeichnis vorgelegt hatte. Wenn die Justiz in Einzelfällen schon mit einer Juristin derart nachsichtig umgeht, dann muß ein Miterbe ohne Rechtskenntnisse erst recht nicht befürchten, aus dem Amt des Testamentsvollstreckers entlassen zu werden, „nur“ weil er in der Tat saumselig mit seinen Pflichten umgeht. Der Erbstreit wird trotzdem für alle Beteiligten sehr unangenehm sein und einige tausend Euro Prozeßkosten verursachen.
Für zukünftige Erbfälle kann dieser Fall als Beispiel dienen, wie man es auf keinen Fall machen sollte: Bitte verschonen Sie Ihre Erben von laienhaften Testamenten, fragen Sie beim Fachmann (Rechtsanwalt oder Notar), wie Ihre Ziele gut erreicht werden, und setzen Sie auf keinen Fall eines der Kinder als Testamentsvollstrecker ein. Die Erfahrung zeigt nämlich fast täglich, daß diese Punkte zu den allerhäufigsten Konfliktursachen im Erbstreit zählen.

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