Viele machen das so. Aber ist es auch sinnvoll, einen Testamentsvollstrecker durch das Nachlaßgericht ernennen zu lassen? Im aktuellen Erbfall des Monats haben wir einen Fall, der ein wenig zum Nachdenken anregt:
Das Testament
Die Erblasserin hat ihr Testament durch einen Notar beurkunden lassen. Die Formulierungen sind fachmännisch. Erben sind zwei Kinder ihrer Freundin aus Übersee. Den beiden wollte sie ihr Vermögen zukommen lassen, damit sie einen guten finanziellen Start ins Leben haben. Sie dachte auch daran, daß jemand den Nachlaß abwickeln sollte, der das auch wirklich kann. Kinder aus Übersee sind dafür nicht ideal geeignet, weil sie noch gar nicht selber über das geerbte Vermögen verfügen können. Die Sorgeberechtigten (in der Regel: die Eltern) verwalten das Vermögen, bis die Kinder volljährig sind. Ob die Kinder es dann schon ab dem 18. Geburtstag selber gut machen können, bevor sie eine Berufsausbildung haben, ist Glücksache. Dazu kommt, daß die beiden konkreten Kinder kein Wort deutsch sprechen, den Nachlaß hier also in der Praxis nicht selber abwickeln können. Das gilt in diesem Fall auch für die Sorgeberechtigten.
Der Testamentsvollstrecker: durch das Nachlaßgericht zu ernennen
Also regelt das Testament, daß ein Testamentsvollstrecker alles abwickeln soll. Das ist in solchen Fällen sehr sinnvoll. Außerdem soll der Testamentsvollstrecker im Rahmen einer Dauervollstreckung die Erbteile verwalten, bis die Erben jeweils 27 Jahre alt sind. Im Testament ist aber keine konkrete Person als Testamentsvollstrecker vorgesehen. Da steht nur, daß das Nachlaßgericht einen Testamentsvollstrecker ernennen soll.
Nachlaßgericht ernennt Testamentsvollstrecker
Vermutlich wollte die Erblasserin erreichen, daß das Nachlaßgericht einen gut geeigneten Testamentsvollstrecker für ihren Fall ernennt. Wenn man das dem Zufall überläßt, kommt es aber manchmal zu einer bösen Überraschung. So war es hier: Die Bezirksnotarin als Nachlaßrichterin sah, daß es kein besonders lukrativer Fall ist, den sie jemandem „vom Fach“ als Dankeschön zuspielen kann. Sie fragte einfach einen der beiden Erben, ob er selber dieses Amt annehmen möchte. Dafür mußte die Nachlaßrichterin ein Schreiben auf englisch verfassen, weil die beiden Erben ja kein Wort deutsch sprechen. Und der Miterbe war auch noch so naiv, daß er zugesagt hat durch seine Unterschrift auf einem Formular des Nachlaßgerichts zur Annahme des Testamentsvollstreckeramts. Somit war er Testamentsvollstrecker für seinen eigenen Erbteil, bis er 27 Jahre alt ist. Außerdem wurde er damit Testamentsvollstrecker auch für den Erbteil der Miterbin, die keinen Ausbildungsplatz, sondern Drogenprobleme hat.
Zweifel an der Entscheidung des Nachlaßgerichts
Das ist eine denkbar schlechte Situation, die widersinnig und vermutlich auch im Widerspruch zur Rechtslage ist. Der junge Erbe soll doch vor sich selber geschützt werden durch einen Testamentsvollstrecker. Und nun hat er eine größere Verantwortung in der Hand, als er es als Miterbe hätte. Dazu kommt noch, daß er kein Wort deutsch spricht und vom deutschen Erbrecht auch keine Ahnung hat. Wie soll er da die Pflichten eines Testamentsvollstreckers kennen und erfüllen?
Aber: Wo niemand vor Gericht die Klärung einer konkreten Frage beantragt mit entsprechendem Kostenrisiko, da wird diese Frage nicht entschieden. Solange niemand etwas verlangt, insbesondere nicht den Testamentsvollstrecker verklagt, passiert ihm nichts. Sobald ihm aber zum Beispiel die Miterbin juristisch auf den Zahn fühlt, wird es massive Probleme bekommen. Er ist ja für alles zuständig und verantwortlich, was ein Testamentsvollstrecker richtig machen muß. Wenn er nicht weiß, wie das geht, entschuldigt ihn das in keiner Weise. Die Haftung des Testamentsvollstreckers ist im Gesetz (BGB § 2219) streng geregelt. Er haftet für jeden Fehler, den er auch nur leicht fahrlässig begeht. Und weil er nicht einmal die Dokumente in der Wohnung der Erblasserin lesen kann, weil er die Sprache nicht versteht, wird er sehr leicht Fehler machen.
Besser als „Testamentsvollstrecker durch Nachlaßgericht ernennen lassen“
Besser ist es, einen kompetenten und vertrauenswürdigen Testamentsvollstrecker zu ernennen. Dazu sollte auch eine Regelung für einen möglichen Ersatz sowie Nachfolger getroffen werden, falls die vorgesehene Person das Amt nicht annehmen kann oder will. Dann hat es derjenige, der sein Testament macht, immer noch in der Hand, wer die Person des Testamentsvollstreckers benennt. Im Zweifel lohnt sich auch ein Gespräch mit einem erfahrenen Fachanwalt für Erbrecht, der hier mit Rat und Tat weiterhelfen kann.