Erbfall des Monats - Juli 2019

Südafrikanischer Testamentsvollstrecker und Bankverbindung in Deutschland

Viele Erbfälle haben einen Bezug zum Ausland. Im aktuellen Erbfall des Monats ist das eine Bankverbindung, die ein deutschstämmiger Südafrikaner in der alten Heimat hat. Als Südafrikaner mit einzigem Aufenthaltsort in der Republik Südafrika gilt für sein Erbe südafrikanisches Erbrecht. Und das sieht vor, daß der Nachlaß zunächst gewissermaßen herrenlos ist, so daß ein Verwalter eingesetzt werden muß. Das erfolgt bei gut geplanten Erbschaften in Südafrika durch einen „Eksekuteur“ (afrikaans, auf Englisch: executor), der die Erbschaft für die Erbengemeinschaft abwickeln soll. Die landläufige Übersetzung dafür ist Testamentsvollstrecker. Wer dieses Amt hat, kann über den Nachlaß verfügen.
Nun akzeptierte die Bank in Deutschland aber nicht den „Eksekuteursbrief / Letters of Executorship“, den das südafrikanische Nachlaßgericht ausgestellt hatte. Die Bank verlangte ein entsprechendes Dokument eines deutschen Nachlaßgerichts.
Wer nun das Testament wörtlich übersetzt, wird wohl ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragen. Das kann schnell schief gehen, wenn der Nachlaßrichter die Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen beachtet: Es gibt zwischen einem südafrikanischen „Eksekuteur / Executor“ gegenüber dem deutschen Testamentsvollstrecker einen ganz großen Unterschied: In Südafrika müßte ohne Testamentsvollstrecker ein Nachlaßverwalter eingesetzt werden, den das deutsche Erbrecht nur für sehr seltene Ausnahmefälle vorsieht. Bei uns ist die Grundregel, daß der  Erbe bzw. die Erbengemeinschaft unmittelbar alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen erwirbt und sich selber um die Verwaltung und Abwicklung kümmern muß. Wenn man das bedenkt, dann kommt es auch in Frage, daß der Erblasser im Testament für die Vermögenswerte in Deutschland gar keine Testamentsvollstreckung anordnen wollte, sondern nur in Südafrika den Abwickelt selbst bestimmt hat. In Deutschland könnte dann die Erbengemeinschaft unmittelbar handeln. Dafür wäre ein Erbschein nötig, um sich gegenüber der Bank zu legitimieren.
Aber wo beantragt man so einen Erbschein? Nachdem der Erblasser im aktuellen Fall des Monats nicht in Deutschland geboren war und auch nie hier gelebt hat, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin das zuständige Nachlaßgericht für den deutschen Teil des Nachlasses. Leider versuchen die Richterinnen und Rechtspflegerinnen dieses Gerichts immer wieder, die Arbeit an andere Gerichts abzugeben. Wer einen Erbschein für einen ausländischen Erblasser beantragt, wird häufig angeschrieben, daß doch Verweisung an das Amtsgericht am Ort der Bankverbindung beantragt werden solle. Das Gesetz sieht es anders, FamFG § 343 Absatz III Satz 1 regelt eindeutig, daß das AG Schöneberg zuständig ist; gemäß Satz 2 ist dann eine Verweisung vorgesehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der ein anderes Gericht als zuständiger erscheinen läßt. Das Kammergericht Berlin hat hierzu entschieden, daß die pauschale Verweisung an den Ort der Bankverbindung oder dergleichen rechtswidrig wäre.
Dazu muß man dann auch einmal überlegen, welches Gericht denn zuständig sein sollte, wenn eine Bankverbindung bei der Deutschen Bank in Stuttgart zur Erbschaft gehört: Kontoführende Stelle war Stuttgart, die Bank hat ihren Hauptsitz in Frankfurt, die Nachlässe werden von einer Serviceeinheit in Leipzig abgewickelt. Welcher dieser Orte wäre für den südafrikanischen Bankkunden denn am zuständigsten, und warum sollte nicht die allgemeine zentrale Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg in Berlin gelten? Im vorliegenden Fall haben ein Hinweis hierauf und auf die Rechtsprechung der Beschwerdeinstanz (Kammergericht) das Amtsgericht Schöneberg dazu bewegen können, den Fall nun doch zu bearbeiten.
Das Nachlaßverfahren geht nun seinen Gang. Ein Antrag auf einen Erbschein muß bestimmte Tatsachen enthalten, das Testament muß im Original abgeliefert und bei fremder Sprache auch übersetzt werden. Jetzt liegt das Original des Testaments aber beim Nachlaßgericht in Südafrika. In solchen Fällen reicht eine beglaubigte Abschrift, die ein vereidigter Übersetzer ins Deutsche übersetzen muß. Bei südafrikanischen Gerichten, Behörden und Übersetzern ist dann noch eine Apostille erforderlich, die dem deutschen Nachlaßgericht bestätigt, daß es sich bei den ausländischen Stellen tatsächlich um zuständige Stellen für derartige Dokumente handelt. Als nächstes verlangt das Nachlaßgericht dann eine eidesstattliche Versicherung über die Tatsachen, die im Erbscheinsantrag stehen; eine solche Erklärung muß freilich die förmlichen Anforderungen des deutschen Beurkundungsrechts erfüllen. Diese Erklärung kann beispielsweise vom deutschen Generalkonsulat beurkundet werden, so daß die Erben nicht auch noch aus Südafrika nach Deutschland reisen müssen, um hier einen Notartermin für die eidesstattliche Versicherung wahrzunehmen.
Der Fall zeigt einmal mehr: Theoretisch kann jeder normale Mensch eine Erbschaft selber abwickeln – in der Praxis ist dann aber doch sehr oft die Hilfe eines Rechtsanwalts nötig, der allen Beteiligten und auch dem Gericht erklärt, wie so ein ungewöhnlicher Fall richtig geht.

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