Erbfall des Monats - Februar 2021

Pflichtteilsergänzung mit Tücken

Wenn ein Kind enterbt wird, kann es aus dem Erbe des Elternteils den Pflichtteil verlangen. Und damit der Pflichtteilsanspruch nicht Leerläufe durch Schenkungen „auf dem Sterbebett“, sieht das Gesetz auch einen auf Pflichtteilsergänzung vor: Die Schenkungen der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall werden für diesen Anspruch berücksichtigt, wobei jedes Jahr nach der Schenkung eine „Abschmelzung“ um ein Zehntel des Wertes der Schenkung vorgenommen wird. Die Abschmelzung beginnt gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) allerdings nur dann, wenn bei der Schenkung der wirtschaftliche Nutzen im wesentlichen aufgegeben wird, also nicht beim Vorbehalt des Nießbrauchs für den Schenker.
Diesen Monat stellen wir einen Fall vor, bei dem „die kleinen Details“ zu den Schenkungen eine große Rolle spielen. Ein Kind (K) wurde von der Mutter (M) durch ein Testament zum Alleinerbe eingesetzt. Die anderen Kinder sind somit enterbt. Eines der enterbten Kinder, die Pflichtteilsberechtigte (P), möchte sich nicht damit abfinden, daß die ganze Erbschaft an K geht.
M hat zu ihren Lebzeiten allen ihren Kindern immer wieder finanzielle Unterstützungen zukommen lassen. Beispielsweise hat sie bei Anlässen wie dem Kauf einer Immobilie einen Bausparvertrag überschrieben, bei der Anschaffung von Autos durch ihre Kinder jeweils einen guten Teil des Kaufpreises bezahlt und während eines Promotionsstudiums monatliche Zahlungen an das akademisch erfolgreiche Kind P geleistet. Damals haben die Beteiligten keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen, was die Zuwendungen denn genau sein sollen und welche rechtlichen Auswirkungen beabsichtigt sind.
Wenn P weiß, wie groß der Wert des Nachlasses insgesamt war und was an ergänzungspflichtigen Schenkungen mit zu berücksichtigen ist, kann P jetzt ausrechnen, was ihr zusteht. Bei der Berechnung muß sie sich allerdings auch das anrechnen lassen, was sie selber an ergänzungspflichtigen Schenkungen von M bekommen hat. Und jetzt stellt sich schon die erste Frage: Wie ist die Definition einer Schenkung?
Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch ist entscheidend, ob eine Bereicherung des Beschenkten auf Kosten des Schenkers vorliegt, für die es keine Gegenleistung gibt. Der Zuschuss zum Kauf einer Immobilie ist in aller Regel eine solche Schenkung. Etwas schwieriger wird diese Beurteilung da, wo es eine Unterhaltspflicht geben könnte, nämlich bei den monatlichen Zahlungen der M an ihr Kind P während des Promotionsstudiums. Normalerweise gehören die Lebenshaltungskosten während eines ersten Studiums noch zu dem, was die finanziell leistungsfähigen Eltern ihrem Kind als Ausbildungsunterhalt bezahlen müssen. Die Promotion ist aber in aller Regel mehr als das, was als angemessene Ausbildung zur Unterhaltspflicht führt. Deshalb kann man davon ausgehen, daß diese Zahlungen auch Schenkungen waren. Also kann es sein, daß P über diese Zahlungen und die sonstigen Schenkungen hinaus eigentlich nichts mehr vom Nachlaß der M verlangen kann, weil sie selber ja schon zu Lebzeiten einen Anteil vom Vermögen der M bekommen hat, der so groß ist wie ihr Pflichtteilsanspruch einschließlich Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Die Promotion ist nun aber schon mehr als 10 Jahre her, so daß sie meint, die finanzielle Unterstützung von damals sei doch bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gar nicht mehr zu berücksichtigen. Allerdings gilt die zeitliche Grenze („10-Jahres-Frist“) nur für Schenkungen an Dritte, nicht aber auch für die sogenannten „Eigengeschenke“, die die jeweiligen Pflichtteilsberechtigten von der Erblasserin erhalten haben. Selbst wenn es bei der Schenkung nicht angeordnet wurde, kann also eine lang zurückliegende Schenkung dazu führen, daß die P am Ende nichts mehr aus dem Nachlaß bekommt, weil sie eben schon durch Schenkungen von M so viel erhalten hat, daß es nach dem Gesetz „genug“ ist, um den Pflichtteil abzudecken. Für die Details der Berechnung lohnt es sich, sämtliche Auskunftsansprüche gegen die Erben, das Grundbuchamt und gegen mögliche Beschenkte auszuüben und möglichst mit Hilfe eine Fachanwalts für Erbrecht zu ermitteln, ob einem noch etwas zusteht und wenn ja, wieviel das ist.

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