Erbengemeinschaften sind oft nicht einig, wie der Nachlaß verwaltet und aufgeteilt bzw. verkauft werden soll. Im aktuellen Erbfall des Monats brach eine alte Abneigung gegen einen Miterben wieder auf, die großen finanziellen Schaden zur Folge hatte:
Zum Erbe gehörten eine sehr individuell gebaute Villa mit Schwimmbad und mehrere teure Gemälde, außerdem ein Youngtimer-Auto. Keiner der Miterben wollte diese Sachen übernehmen, es sollte alles an Fremde verkauft und dann der Erlös nach Erbquoten geteilt werden.
Ein Miterbe (A) machte Vorschläge, wie diese ungewöhnlichen Sachen zu einem guten Preis verkauft werden könnten. Für die Villa mit rund 20 Zimmern und Schwimmbad schlug er einen Makler vor, der auf eine Klientel spezialisiert ist, die repräsentative Räume brauchen, um geschäftliche Kontakte zu pflegen. Beim „alten“ Auto schlug er seinen Miterben einen Händler vor, der sich auf ältere Liebhaberfahrzeuge spezialisiert hat. Eigentlich sollte man meinen, daß diese vernünftigen Vorschläge zum Vorteil aller Miterben angenommen werden.
Eine Miterbin (B) wollte allerdings „eine alte emotionale Rechnung begleichen“ und verweigerte ihre Zustimmung. Sie schrieb ausdrücklich „Was Du vorschlägst, werde ich auf keinen Fall akzeptieren!“ Und als Gegenvorschlag bestand sie darauf, daß die Villa, die in einem kleinen Dorf liegt, vom örtlichen „Feld-Wald-Wiesen-Makler“ angeboten werden soll. Nachdem der keinen einzigen Interessent finden konnte, beantragte die Miterbin Teilungsversteigerung, der Erlös war nur ein Bruchteil des Wertes, den ein Spezialist für die Vermittlung derart individueller Immobilien hätte erreichen können. Bis zur Versteigerung verweigerte sie die Vermietung durch die Erbengemeinschaft, die wenigstens die laufenden Kosten der Immobilie wieder hereingebracht hätte.
Beim Auto war die Miterbin noch „unkonventioneller“: Sie ließ es ohne Zustimmung der Miterben einfach von einem Gebrauchtwagenhändler abholen, der sonst nur „junge Gebrauchte“ verkauft, und gab ihm die Kfz-Papiere gleich mit. Das Auto ging dort erwartungsgemäß zu einem Preis knapp unter Schwacke-Liste weg, der Händler zog dann außerdem noch einige hundert Euro für den Transport ab.
Bei den Kunstobjekten drängte die Miterbin darauf, daß diese so schnell wie möglich versteigert werden. Nachdem eine erste Auktion erfolglos geblieben war und lediglich nach dem Versteigerungstremin per Post ein Interessent ein Fünftel des Schätzwertes angeboten hatte, wollte sie das Bild nach wenigen Monaten schon wieder in eine Versteigerung geben. Der Miterbe, dessen Vorschläge wegen persönlicher Abneigung nicht angenommen werden sollten, erkundigte sich beim Anwalt, ob dieses Verramschen verhindert werden kann. Bei den Bildern waren noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen worden, so daß der Anwalt eine allzu schnelle Versteigerung mit einem Hinweis darauf verhindern konnte, daß auf dem Kunstmarkt alle Fachleute nach einem erfolglosen Angebot mindestens zwei Jahre Abstand voraussetzten, weil sonst der Druck der Verkäuferseite so offensichtlich gezeigt wird, daß nur sehr niedrige Preise gezahlt werden.
Als dann nach einigen Jahren alle Nachlaßgegenstände zu Geld gemacht waren, schlug die Miterbin (B) vor, daß sie zunächst von der Erbengemeinschaft ihre Auslagen für die Versteigerungen erstattet bekommen solle und der Rest nach Erbquoten verteilt wird.
Der Miterbe (A) wollte das so nicht hinnehmen, schließlich hatte die Miterbin (B) aus seiner Sicht großen Schaden angerichtet.
Die Rechtslage ist hier relativ einfach:
Die Miterben sind sich gegenseitig zur ordnungsgemäße Verwaltung der Nachlaßgegenstände verpflichtet, solange die Erbengemeinschaft besteht. Ob die Vermietung des leerstehenden Hauses dazugehört, hängt vom Einzelfall ab; wenn der Verkauf mehrere Jahre dauert, kann man aber schon davon ausgehen, daß ein normaler Erbe vermietet.
Der Gesetzgeber ging nicht davon aus, daß eine Erbengemeinschaft auf Dauer gut zusammenhält. Deshalb hat jeder Miterbe das Recht, jederzeit die Teilung des Nachlasses zu verlangen. Wenn eine Aufteilung der geerbten Gegenstände nicht möglich ist, müssen diese verkauft bzw. versteigert werden. Von dem Grundsatz, daß jederzeit Teilung verlangt werden kann, gibt es nur eine Ausnahme: Wenn die Gefahr besteht, daß ein Gegenstand durch Verwertung zur Unzeit verschleudert wird, dann muß ausnahmsweise auf bessere Zeiten gewartet werden. Wenn es dafür keine greifbaren Anhaltspunkte gibt, muß aber bestmöglich verkauft werden.
Auf unseren konkreten Fall bezogen heißt das: Der schnelle Verkauf der Immobilie und des Youngtimer-Autos konnte nicht verhindert werden. Die Auswahl eines offensichtlich für solche Objekte ungeeigneten Maklers für die Villa und ebenso der Verkauf des Youngtimers durch einen „normalen“ Autohändler waren aber von vornherein ungeeignet, Marktpreise zu erzielen. Nachdem die Miterbin (B) die Vorschläge rundweg abgelehnt hat, besser geeignete Wege zum bestmöglichen Verkauf einzuschlagen, hat sie ihren Miterben schuldhaft Schaden zugefügt. Diesen Schaden muß sie nun ersetzen, in der Praxis durch einen Abzug von ihrem Anteil an dem, was vom Nachlaß durch schlechte Verwaltung und schlechte Verwertung übrig geblieben ist. An diesem Beispiel zeigt sich wieder einmal, daß es sich nicht lohnt, aus persönlicher Abneigung gegen einen Miterben vernünftige Entscheidungen zu verhindern.