Eine ältere Dame freute sich darüber, daß die Kinder der Nachbarn sich häufig mit ihr unterhielten und ihr auch bei Einkäufen behilflich waren. Wenn sie krank war, holten die Nachbarn in der Apotheke ihre Medikamente und legten ihr auch mal Geld aus. Als die ältere Dame starb, wunderten sich die Nachbarn darüber, daß eine Versicherung sie anschrieb und ihnen mitteilte, daß die Kinder Bezugsberechtigte in einer Lebensversicherung seien und sie nun der Versicherung eine Kontonummer für die Überweisung der Versicherungssumme mitteilen mögen.
Derartige Fälle kommen immer wieder vor. Lebensversicherungsverträge sind schließlich eine beliebte Geldanlage. Sie bieten eine recht einfache Möglichkeit, den „Begünstigten im Todesfall“ etwas zukommen zu lassen, ohne dafür ein Testament zu errichten. Wenn der Versicherungsnehmer es sich anders überlegt, kann er jederzeit die Begünstigung streichen oder einen anderen Namen einsetzen. Allerdings gibt es im Erbfall auch immer wieder Irritationen mit diesen Zuwendungen.
Eine Lebensversicherung ist ein sogenannter Vertrag zu Gunsten Dritter. Der Versicherungsnehmer vereinbart mit der Versicherung, daß diese die Versicherungssumme im Todesfall an den begünstigten Dritten auszahlt. Der Dritte, auch Bezugsberechtigter genannt, erfährt oft erst nach dem Todesfall davon.
Wenn die Begünstigung im Versicherungsvertrag keine Gegenleistung für etwas ist, was der Begünstigte dem Versicherungsnehmer geleistet hat, dann handelt es sich bei der Zuwendung um eine Schenkung. Ohne notarielle Beurkundung ist die Schenkung zunächst unwirksam, der Formfehler wird mit Vollzug der Versicherungsleistung aber „geheilt“. Und genau hier kam es im Erbfall des Monats zu einem Problem:
Die Erbin der älteren Dame fand den Versicherungsschein und wollte nicht, daß die Versicherungssumme an die Nachbarskinder gehen. Sie beauftragte einen Fachanwalt für Erbrecht damit, möglichst viel aus der Erbschaft „herauszuholen“. Der Anwalt schrieb schnell die Versicherung und die Begünstigten an und widerrief das Schenkungsangebot, das Juristen darin sehen, daß die Versicherung den Bezugsberechtigten im Auftrag bzw. als Bote des verstorbenen Versicherungsnehmers fragt, wohin die Versicherungssumme ausbezahlt werden soll. Am selben Tag schrieben die Eltern der bezugsberechtigten Nachbarskinder an die Versicherung, auf welches Bankkonto sie die Überweisung wünschen.
Nachdem die Auszahlung noch nicht erfolgt war, konnte die Schenkung noch nicht vollzogen werden, bevor die Widerrufserklärung der Erbin erfolgte. Es ließ sich auch nicht nachweisen, daß die Bezugsberechtigung in der Lebensversicherung eine Gegenleistung für die Nachbarschaftshilfe war. Daher hatte die Erbin das „Wettrennen“ gewonnen und die Nachbarskinder bekamen die Versicherungssumme doch nicht. An diesem Fall wird deutlich, daß die Begünstigung durch einen Versicherungsvertrag nicht annähernd so sicher ist wie ein Vermächtnis. Hätte die ältere Dame die Nachbarskinder in ihrem Testament bedacht, dann hätten sie gemäß dem Willen der Erblasserin etwas bekommen.