Erbfall des Monats - Februar 2018

Langjähriger Erbstreit – “unendliche Geschichte” doch noch beendet

Ein Erbstreit kann schon mal ein paar Jahre dauern. Diesen Monat schauen wir uns einen Erbfall an, der nach fast acht Jahren doch noch „einvernehmlich“ beendet wurde: Die Familie war einmal recht wohlhabend, hatte eine Villa mit recht großem Schwimmbad, eine Luxuslimousine und ein Privatflugzeug. Zur Dekoration waren wertvolle Kunstwerke und antike Möbel in den diversen Wohn- und Kaminzimmern. Dazu gesellte sich dann auch mal eine antike römische Amphore, die das Familienoberhaupt bei einem Tauchgang im Mittelmeer aus einem gesunkenen Schiff geborgen hat und die auf der Heimreise vom Zoll „übersehen“ wurde. Die Familie hatte aber auch Problemfälle, zum Beispiel war eines der Kinder als Unternehmer gescheitert und der Vater hat durch eine steueroptimierte Beteiligung die „geräuschlose Beerdigung“ des Unternehmens ermöglicht. Eine der Töchter wohnte nach einer gescheiterten Ehe zehn Jahre lang Mieterei im Elternhaus, bis sie sich mit ihrem gesparten Geld und Unterstützung der Mutter das Nachbarhaus kaufen konnte. Ein anderes Kind war ausgewandert, wobei die Eltern auch eine größere Summe als Startkapital mit auf den Weg gaben. Insgesamt verstanden sich die Kinder früher untereinander ganz gut. Allerdings war die Beziehung zwischen den Eltern und den Kindern, die in verschiedenen Internaten aufwuchsen, recht unterschiedlich: Sie waren teilweise Vaters Liebling und teilweise Mutters Liebling. Als der Vater gestorben war, unterschrieben die Kinder beim Notar eine Vereinbarung mit ihrer Mutter, daß diese den gesamten Nachlaß des Vaters behalten sollte, solange sie lebte; die Kinder verzichteten darauf, ihren Pflichtteil geltend zu machen.

Nachdem die Eltern gestorben waren, gab es für eines der Kinder eine Überraschung: Als er zugunsten seiner Mutter auf seine Rechte am väterlichen Erbe verzichtet hatte, blieb die Mutter mit einer der Töchter beim Notar und beurkundete gleich noch ein Testament, durch das der Erbteil dieses Sohns wertlos werden sollte. Es gibt Regelungen, bei denen ein Kind innerhalb von sechs Wochen entscheiden muß, ob es die testamentarische Erbschaft mit den Beschränkungen und Beschwerungen annimmt, die im Testament vorgesehen sind – oder ob es die Erbschaft ausschlägt und den Pflichtteil verlangt. Diese 6-Wochen-Frist ist freilich viel zu kurz, als daß man wissen könnte, womit man besser fährt. Im konkreten Fall kam noch dazu, daß die Regelung auf eine Zuwendung der Eltern an den Sohn Bezug nahm, die weder direkt an ihn noch in der genannten Höhe stattgefunden hatte. Der Irrtum der Erblasserin ist beachtlich für die Frage, was eigentlich gemeint war und ob so eine Beschwerung überhaupt wirksam oder nicht doch wegen Irrtums anfechtbar ist.

Die Verwaltung und Verwertung des Nachlasses wurde aber auch aus anderen Gründen zu einem regelechten Trauerspiel: Ein Teil der Miterben weigerte sich aus irrationalen Gründen, Vorschläge des einen Miterben überhaupt nur in Erwägung zu ziehen. So wurde kein spezialisierter Makler mit dem Verkauf der Villa mit Swimmingpool beauftragt sondern ein im Dorf ansässiger Makler, der sonst „handelsübliche“ Mietwohnungen und Reihenhäuser vermittelt. Am Ende wurde die Villa zu einem recht niedrigen Preis versteigert. Das war sicher nicht das beste, was eine Erbengemeinschaft zur Verwertung des Nachlasses tun konnte.

Bei der Verwertung der hochwertigen Einrichtung und tausender Fotos und Dias (die Mutter war Fotografenmeisterin) wurden die Wünsche des einen Miterben dann auch noch ignoriert und ihm mitgeteilt, daß die entsprechenden Sachen inzwischen vom Entrümpler entsorgt wurden. Der ausgebootete Miterbe konnte die Sachen nicht selbst abholen, weil er etwas weiter weg wohnte und keinen Hausschlüssel hatte. Zwei Jahre später bot der gewerbliche Entrümpeln einen Teil der Einrichtungsgegenstände auf Ebay als angeblicher Privatverkäufer für mehrere tausend Euro zum Verkauf an. Auch die römische Amphore soll auf dem Müll gelandet sein, so jedenfalls schrieb es eine Anwältin im Auftrag einer Miterbin. Ebenso verschwand 1kg Zahngold spurlos. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt…. Dazu kam dann noch, daß die geerbte Limousine nach mehreren Jahren Standzeit in der Garage des Erblasserhauses verkauft werden sollte, wobei eine Miterbin entgegen der eindeutigen Weigerung eines anderen Miterben vom Verkaufserlös Geld abzweigte, um eine Instandsetzung zu bezahlen – bei einer Youngtimer-Limousine macht das der Käufer eigentlich selber.

Eine Miterbin erhob nach sieben Jahren Teilungsklage und verlangte, der Bruder sollte einem Erbteilungsplan zustimmen, bei dem er vollkommen leer ausgehen sollte. Ihre Anwältin war eine persönliche Freundin, die die übliche sachliche Distanz zur Mandantin vermissen ließ. Eine andere Miterbin war inzwischen verstorben; sie wohnte seit einigen Jahren in einem Land mit angelsächsischem Rechtssystem, der Fall bekam also durch diese mehrstufige Erbengemeinschaft noch eine Komponente des internationalen Privatrechts hinzugefügt. Wer ihre Erben oder ggf. Begünstigte ihres Trust sind, sollte der ausgebootete Miterbe nicht erfahren. Die Klage verlangte daher Zustimmung zur Zahlung von deren Erbteil auf ein „Treuhandkonto“ einer Anwältin, die gleichzeitig mehrere Miterben mit unterschiedlichen Interessen bei der Nachlaßteilung vertrat (dieser Fall hört sich spätestens hier unrealistisch an, ist aber tatsächlich so „merkwürdig“ vor Gericht gebracht worden). Die Akte des Anwalts des Beklagten war bereits auf drei Aktenordner angeschwollen, als die erste mündliche Verhandlung stattfand. Eine der Beteiligten hatte im Gerichtsgebäude ein besonnteres Erlebnis, da dieses Gebäude früher ein Internat beherbergte, in dem sie in ihrer Kindheit untergebracht war. Der Richter schlug schon zu Beginn der Verhandlung vor, daß man sich einigen sollte. Er sah mehrere spannende rechtliche Fragen, die für ein Urteil geklärt werden müßten – mit ungewissem Ausgang für alle Beteiligten. Er spielte damit unter anderem an auf die Frage, ob eine steuertoptimierte unternehmerische Beteiligung an einer GmbH eine ausgleichungspflichtige Ausstattung sein kann und ob ein Teil der Miterbinnen dem Nachlaß Schadendersatz zahlen muß für die absonderlichen Verhaltensweisen rund um „Geld abzweigen“ und Sachen vernichten, die ein Miterbe haben möchte. Am Ende einigten sich die Prozeßparteien darauf, daß der Miterbe, den die anderen jahrelang auszutricksen versucht haben, eine runde Summe und ein Erinnerungsfoto bekommt. Wenn man sich vor Augen führt, welches Familienvermögen vor dem Erbstreit da war, dann sieht man in diesem Vergleich keinen Gewinn sondern den ganzen Fall gerade mal als abschreckendes Beispiel, daß Neid, Rache und dergleichen bei einer Erbauseinandersetzung sehr schlechte „Ratgeber“ sind. Es wäre wohl besser gelaufen, wenn alle Miterben einen eigenen Anwalt genommen hätten und dabei bewußt auf sachlich denkende Fachanwälte für Erbrecht gesetzt hätten.

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