Globalisierung der Arbeitswelt – das war schon vor Generationen ein Thema, und es wirkt sich auch auf Erbschaften aus. Der Hintergrund des aktuellen Erbfalls des Monats für den Erbrechts-Blog ist kurz erklärt: In der Nachkriegszeit ging der Großvater für einen deutschen Autohersteller nach Brasilien. Als Rentner kam er zurück, sein Sohn wanderte später noch einmal nach Brasilien aus und starb dort. Der Großvater verstarb als Rentner in Deutschland. Der Enkel muß jetzt beide Erbfälle abwickeln, den seines Vaters und den seines Großvaters. Und dafür braucht er in Deutschland auch einen Nachweis darüber, wer die Erben seines Vaters sind, der in Brasilien verstorben ist.
Eine erste Hürde war, daß ihm in Brasilien gesagt wurde, dort gäbe es so etwas wie Erbscheine nicht, da wäre man „einfach so“ Erbe. Nun ja, internationale Erbfälle haben ihre eigenen Herausforderungen. Für Immobilieneigentum und Bankkonten wird man auch dort nachweisen müssen, wem es eigentlich rechtmäßig gehört, dachte sich der deutsche Anwalt. Und er machte sich auf die Suche nach einem Dokument, das dem deutschen Erbschein bzw. dem Europäischen Nachlaßzeugnis in etwa entspricht und in Brasilien von einer staatlichen Stelle erteilt wird.
Das Ergebnis der Recherche ist: Einen Erbschein gibt es im brasilianischen Nachlaßverfahren zwar nicht. In Brasilien wird ein Nachlaß in einem Cartório (Notariat) abgewickelt mit einem außergerichtlichen Nachlassverfahren. Dadurch wird dann aber auch in einer Art und Weise dokumentiert, die schwarz auf weiß nachvollziehbar ist. Allerdings läßt sich damit leider nicht nachweisen, wer denn nun Erbe ist, weil das brasilianische Recht gar kein Bedürfnis danach kennt: Der Nachlassverwalter ist dort für die gesamte Abwicklung des Erbes zuständig und allein berechtigt, über Nachlaßgegenstände zu verfügen. Er gibt am Ende an die Begünstigten heraus, was denen zusteht; dabei kommt es dann nicht darauf an, ob es sich um Erben oder Vermächtnisnehmer handelt.
Wenn nun aber in Deutschland Rechte oder Verbindlichkeiten im Raum stehen, an denen der Verstorbene auf irgendeiner Seite beteiligt ist, dann braucht man oft schon einen Nachweis, welche Personen die Erben sind. Hierfür kann dann im Einzelfall in Deutschland ein Erbschein bzw. Nachlaßzeugnis erstellt werden.