Erbfall des Monats - September 2024

Grabpflege-Auflage im Testament

Im Erbfall des Monats hat die Erblasserin im Testament verfügt, daß Ihre Enkelin Alleinerbin sein soll.  Das verband sie mit der Grabpflege-Auflage im Testament, so daß die Enkelin sich darum kümmern soll mit der ausdrücklichen Klarstellung „bei Bedarf ist ein Friedhofsgärtner zu beauftragen.“

Was bedeutet Grabpflege?

Nach ein paar Jahren kam es zum Streit.  Der Hintergrund hat damit zu tun, daß die Erblasserin sehr naturverbunden war.  Ihre Enkelin und Alleinerbin wollte aber möglichst wenig Aufwand mit dem Grab haben.  Sie ließ eine Steinplatte auf das Grab legen, damit sie sich nie wieder selber um die Pflanzen kümmern und auch keinen Gärtner bezahlen muß.  Da stellt sich die Frage, was bedeutet Grabpflege?  Erfüllt die Erbin die Grabpflege-Auflage im Testament jetzt noch?  Müssen es Pflanzen sein oder reicht eine Steinplatte, auf die gelegentlich ein Blumentopf gestellt wird?  Der Hinweis im letzten Willen, daß bei Bedarf ein Friedhofsgärtner beauftragt werden soll, deutet schon auf „normale“, gepflegte Bepflanzung auf dem Erdgrab hin.

Hintergrund zum Testament

Zum besseren Verständnis noch ein Hinweis über den Hintergrund zum Testament bzw. zu dieser Familie:  Die Erblasserin hatte ursprünglich mehrere Kinder.  Das Kind, von dem die Enkelin abstammt, war aber schon vor ihr verstorben.  Die anderen Kindern sind kinderlos.  Die alte Dame wollte, daß ihr Familienvermögen über möglichst viele Generationen an ihre Nachkommen weiter vererbt wird.  Daher war die Enkelin Alleinerbin und deren kleine Kinder Ersatzerben.

Die Kinder, die die Erblasserin überlebt haben, sind nicht ausdrücklich enterbt.  Es gab abgesehen von der Kinderlosigkeit aus Sicht der Erblasserin auch keinen Grund dafür, jemanden zu enterben.  Sie verstanden sich alle gut miteinander.  Das Testament zu Gunsten der Enkelin mit der Grabpflege-Auflage sollte lediglich das Vermögen in der Familie halten.

Grabpflege durch Verwandte

Wenn die nächsten Verwandten nicht Erben werden, sind sie nach geltendem Verwaltungsrecht trotzdem dazu verpflichtet, die Grabpflege zu erledigen bzw. zu bezahlen.  Das wird auch von der Friedhofsverwaltung überwacht und notfalls durchgesetzt.  Dabei ist die Grabpflege-Auflage im Testament für die Verwaltung nicht relevant.
Daher macht es schon Sinn, in einem Testament wie dem vorliegenden zu regeln, daß die Alleinerbin dann auch die Grabpflege erledigen soll.  Sonst müßte die Grabpflege durch Verwandte erfolgen, die gar nichts vom Vermögen geerbt haben.  Das wäre auch ungewöhnlich bei diesem Erbfall, bei dem ein gewisses Vermögen weitergegeben wird.

Vollziehung der Auflage

Wenn eine Auflage nicht erfüllt wird, kann sie aber nur von denen erzwungen werden, die ausdrücklich dazu ermächtigt sein.  Die Vollziehung der Auflage können diejenigen verlangen, die unmittelbar begünstigt wären, wenn es die mit Auflage belastete Erbin nicht gäbe.  In diesem Fall können also die Ersatzerben verlangen, daß die Grabpflege der naturverbundenen Erblasserin notfalls durch einen Friedhofsgärtner gemacht wird.  Ersatzerben sind jedoch die minderjährigen Kinder der Alleinerbin, die das sicher nicht gegenüber ihrer Mutter erzwingen werden – sofern sie es als Minderjährige überhaupt können!
Das Gesetz sieht dann noch vor, daß auch die zuständige Behörde die Vollziehung der Auflage verlangen kann.  Das wird bei der Grabpflege auf dem städtischen Friedhof die Friedhofsverwaltung bei der Stadtverwaltung sein.  Die Erfahrung zeigt aber, daß hier nur die Friedhofssatzung durchgesetzt wird.  Ob im Testament ein besonders schönes Grab verfügt ist, interessiert die Verwaltung selten.  Es würde ja auch nur viel Aufwand bedeuten, wenn die Behörde auch noch überwachen würde, was die letztwilligen Verfügungen an besonderen Wünschen vorsehen.

Passende Regelung der Grabpflege-Auflage zu dieser Situation

Es ist es schwierig, eine passende Regelung zu dieser Situation zu finden, damit die Vollziehung der Auflage gelingt.  Das Testament regelt aber nur die Auflage ohne weitere Details.  Es ist keine Überwachung der Grabpflege vorgesehen.  Auch sonst ist nichts dazu geregelt, welche Konsequenzen ein Verstoß gegen die Auflage haben soll.
Das Gesetz sieht hier leider keine Regelung vor, die besonders gut paßt:  Die Auflage ist zwar eine verbindliche Pflicht der Erbin, die diese Auflage der Grabpflege im Testament vorgeschrieben bekommen hat.  Den Rest muß jeder, der es geregelt haben will, dann selber im Testament verfügen.

Druckmittel Pflichtteilsrecht

In der Praxis gibt es dann noch das Druckmittel Pflichtteilsrecht.  Nachdem es Kinder der Verstorbenen gibt, die enterbt sind, könnten diese ihrem Wunsch nach ordentlicher Grabpflege Nachdruck verleihen durch ein Gespräch über den Pflichtteil.  Die Kinder haben im aktuellen Fall bisher keinen Pflichtteil eingefordert.  Die Alleinerbin hätte daher eine teure Forderung zu erfüllen, wenn die Kinder der Erblasserin ihren Pflichtteil verlangen würden.  Im aktuellen Erbfall des Monats scheitert das leider daran, daß der Pflichtteilsanspruch bereits verjährt ist.  Die Erbin kann mit Hinweis auf diese Verjährung das Pflichtteilsrecht leer laufen lassen.  Sie braucht den verjährten Anspruch nicht zu erfüllen.  Und die Alleinerbin hat inzwischen auch schon einen Rechtsanwalt damit beauftragt, die Wünsche nach einem begrünten Grab für die naturverbundene Oma abzuwehren.  Sie wird also mit Sicherheit die Verjährung einwenden.
Es sieht erst einmal schlecht aus.  Die Auflage ist im Testament geregelt, das sich aber als geduldiges Papier erwiesen hat.  Obwohl diese Auflage nicht eingehalten wird, gibt es in diesem Fall keinerlei Konsequenzen.

Lehre für die Zukunft: sorgfältige Testamentsgestaltung

Aus Fehlern kann man meistens lernen.  In diesem Fall ist es eine Lehre für die sorgfältige Formulierung eines Testaments:  Besser wäre ein Testamentsvollstrecker eingesetzt worden, der die Grabpflege regelmäßig überwacht.  Er könnte bei zukünftigen Verletzungen der testamentarischen Auflage erzwingen, daß die Grabpflege im Sinn der Erblasserin gemacht wird.  Das sollte möglichst ein familienfremder Testamentsvollstrecker sein, damit es keine Absprachen gibt, wenn die Erblasserin nicht mehr „den Daumen drauf hat“.
Sonst wäre auch noch eine Regelung möglich, wonach die Kinder die Vollziehung der Auflage verlangen können.  Auch könnte vorgesehen werden, daß die Kinder der Erblasserin sich gleich um die Grabpflege kümmern sollen und dafür finanziell mit einem überschaubaren Vermächtnisbetrag bedacht werden.
Diese Lehre für die Zukunft zur sorgfältigen Testamentsgestaltung ist vor allem für Rechtsberater ein wichtiger Punkt.  Die beste Verfügung nutzt ja nur dann etwas, wenn sie auch korrekt umgesetzt wird.

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