Für internationale Erbfälle gibt es diesen Monat seit 10 Jahren eine Vereinfachung durch die Europäische Erbrechts-Verordnung (EU-ErbVO). Dadurch wurden viele Probleme und Bürokratien aus dem Weg geschafft. Ein grenzüberschreitender Erbfall kann jetzt einfacher und logischer abgewickelt werden. Die Kosten dafür sind jetzt auch niedriger als früher. Und wir haben passend zum runden Geburtstag einen praktischen Beispielsfall in Bearbeitung, bei dem allerdings noch eine Lücke geschlossen werden sollte:
Europäisches Nachlaßzeugnis
Die EU-ErbVO führte das Europäische Nachlaßzeugnis (ENZ) ein. Innerhalb der Mitgliedstaaten der Verordnung soll nur noch ein einziges Nachlaßgericht zuständig sein. Dort könne die Erben, die anderen Begünstigten und Testamentsvollstrecker ein Dokument bekommen, mit dem sie in mehreren Ländern den Nachlaß abwickeln können. Das ENZ macht die praktische Abwicklung internationaler Erbfälle wesentlich einfacher und Spart einiges an Kosten.
Einheitliches Erbrecht statt Nachlaßspaltung
Außerdem wurde die Nachlaßspaltung abgeschafft, bei der jedes Land seine unterschiedlichen Gesetze auf denselben Erbfall angewendet hat. Das sorgt für Klarheit bei internationalen Erbfällen. Häufig konnten die Hinterbliebenen des Erblassers nicht verstehen, warum sie in jedem Land andere Erbquoten bekommen haben – jetzt läuft das nach einem einheitlichen Erbrecht, das den Fall regelt. Der Normalfall ist nun das nationale Erbrecht des Landes, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. Wer eine andere Staatsangehörigkeit hat, kann stattdessen durch letztwillige Verfügung das Erbrecht seiner Nationalität wählen.
Vermögen im Ausland
Im Erbfall des Monats hatte der deutsche Erblasser nicht nur eine Bankverbindung in Deutschland und seine Immobilie hier, sondern auch ein Ferienhaus und eine geerbte Eigentumswohnung im europäischen Ausland. Von Verwandten hat er eine Wohnung in Österreich geerbt, die er vermietet. Und für sich selber hat er ein schönes Haus in Irland gekauft, wo er gene Urlaub machte.
Die Idee
Eines seiner Kinder hat als Jurist Karriere gemacht und kannte die europäische Regelung. Also wurde das Europäische Nachlaßzeugnis beantragt. Damit läßt sich die Bankverbindung in Deutschland abwickeln und das Grundbuch berichtigen, wie das sonst mit einem Erbschein gemacht wird. Außerdem kann man damit ja in anderen Mitgliedstaaten der EU-ErbVO den Nachlaß abwickeln.
Details zum Europäischen Nachlaßzeugnis
Das Europäische Nachlaßzeugnis muß freilich richtig beantragt werden, damit die Umsetzung reibungslos gelingt. Bei Immobilien sind immer noch das Grundbuchverfahren bzw. vergleichbare Regelungen in dem Land zu beachten, in dem sich die geerbte Immobilie befindet. In der Vergangenheit haben deutsche Erben oft nur beantragt, sich als Erben bzw. Vermächtnisnehmer ausweisen zu lassen, ohne die Immobilien im Europäischen Nachlaßzeugnis mit den Registerdaten der Immobilien aufzuführen. Das hat zu jahrelangen Gerichtsverfahren geführt, bis in Ländern wie Österreich dann tatsächlich alles erledigt war. Es lohnt sich also, den richtigen Fachmann für einen Antrag auf ein Europäisches Nachlaßzeugnis zu konsultieren, beispielsweise einen Fachanwalt für Erbrecht mit praktischer Erfahrung in Internationalem Privatrecht. Er wird Ihnen helfen, daß Sie die Kontrolle über den Nachlaß haben und alles so effizient wie möglich erledigt wird.
Umsetzung der Europäische Erbrechtsverordnung im Beispielsfall
Mit dem Europäischen Nachlaßzeugnis konnten die Erben des aktuellen Erbfalls des Monats problemlos die Bankverbindung in Deutschland sowie die Immobilie in Österreich abwickeln. Hier lief alles reibungslos. Die meisten EU-Mitgliedstaaten sind bei der Europäischen Erbrechts-Verordnung dabei. Deutschland und Österreich machen mit und akzeptieren das Europäische Nachlaßzeugnis wie einen inländischen Erbschein. Hier wird sehr deutlich, welche großen Vorteile die EU in der Praxis häufig bringt.
Ausnahmen in Europa
Einen Schönheitsfehler gibt es im Erbfall des Monats: Leider machen Irland und Dänemark noch immer nicht mit. Das verwirrt im Erbfall des Monats sogar Juristen, die durchaus Karriere gemacht haben, wenn sie das Kleingedruckte übersehen, in dem die wenigen Staaten stehen, die nicht dabei sein wollen. Bei Irland war der Grund der Gleichklang mit Großbritannien, was durch den Brexit überflüssig geworden ist. Es bleibt vorerst dabei, daß für Nachlaßgegenstände diesen Ländern wesentlich mehr Aufwand nötig ist als nötig. Das sind dann beispielsweise das Probate Proceeding beim High Court in Dublin für irische Vermögenswerte mit dem Affidavit of Foreign Law eines erfahrenen deutschen Erbrechtsanwalts, damit der Probate Officer die Rechtslage des Erbfalls und des Nachlaßverfahrens einschätzen kann.
In Ländern außerhalb der Europäischen Union ist es auch eine Frage des Einzelfalls, ob das Europäische Nachlaßzeignis anerkannt wird oder ob ein weiteres Nachlaßverfahren vor Ort verlangt wird.
Europäische Erbrechtsverordnung funktioniert nach 10 Jahren in fast allen Mitgliedstaaten
Die Ausnahmen dürfen nicht darüber täuschen: Die meisten EU-Mitgliedstaaten sind bei der Europäischen Erbrechts-Verordnung dabei. Somit haben wir jetzt für die meisten Erbschaften mit europäischem Auslandsbezug ein einheitliches Verfahren und die Anerkennung ein und desselben Erbrechts für den gesamten Erbfall. Vieles ist vereinfacht gegenüber der früheren Situation mit jeweils einem Nachlaßverfahren in jedem beteiligten Land, Nachlaßspaltung mir unterschiedlichen Erbquoten für die Beteiligten und den ganzen Schwierigkeiten, die damals überwunden werden mußten.
10 Jahre Vereinfachung – Prost!
Es gibt einiges zu feiern nach 10 Jahren Erfahrung mit der Europäischen Erbrechtsverordnung.