Erbfall des Monats - Mai 2013

Ermittlung verschwundener Vermögenswerte

Im aktuellen Erbfall des Monats hatte der Erbe große Mühe, das geerbte Vermögen aufzufinden. Der Erblasser stand nämlich nach einer Hirnoperation und einem schweren Schlaganfall unter Betreuung und lebte im Pflegeheim. Die Betreuerin weigerte sich, über die bisher von ihr verwalteten Vermögenswerte des Erblassers Auskunft zu geben. Sie behauptete über ihren Rechtsanwalt, sie brauche gemäß BGB §§ 1908i, 1890 nur gegenüber dem Betreuungsgericht Rechenschaft darüber abzulegen, was sie als Betreuerin gemacht hat und welche Vermögenswerte des Verstorbenen jetzt noch existieren. Der Erbe fragte gezielt nach dem Auto, das vor dem Haus einer Verwandten parkte und immer noch die Initialen des Erblassers im Kennzeichen trug. Die Antwort war, daß das Auto des Erblassers schon vor Jahren verkauft und dieser Verkauf vom Betreuungsgericht akzeptiert worden sei. Außer der Bankverbindung sei angeblich kein Vermögen vorhanden.

Der Erbe wird zwar Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Wer Erbe wird, bekommt gemäß deutschem Erbrecht also automatisch alle Vermögenswerte und auch Auskunftsansprüche, beispielsweise auch gegen einen Betreuer des Erblassers. Der Erbe wird sogar automatisch Besitzer, bekommt also durch gesetzliche Anordnung die tatsächliche Gewalt zugesprochen, die den Besitz an einer bestimmten Sache ausmacht. Dabei ist es gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch sogar egal, ob der Erbe weiß, was alles zum geerbten Nachlaß gehört. In der Praxis ist es für viele Erben aber nicht ganz so einfach, den geerbten Besitz auch tatsächlich auszuüben. Dafür müßte der Erbe ja wissen, was ihm alles durch die Erbschaft gehört und wo diese Gegenstände sich befinden. Wenn er keine Unterlagen über das geerbte Vermögen hat, weil die Verträge usw. beim Betreuer liegen, wird es also leicht kompliziert.

Der Erbe beauftragte daher einen Rechtsanwalt, der sich mit großem Einsatz darum kümmerte, Informationen über das Vermögen des Erblassers zu beschaffen. Bei den Banken wurden Kontoauszüge reproduziert, aus denen mehrere Selbstbereicherungen der Betreuerin zu erkennen waren; später gingen Erstattungen von Kfz-Steuer und Kfz-Haftpflichtversicherung auf das geerbte Bankkonto ein, so daß die Frage nach dem Auto jetzt vom Anwalt mit Hinweis auf strafrechtliche Folgen wiederholt wurde. In dieser Situation war es dann doch möglich, über die Herausgabe des Autos vernünftig zu reden.

Der Anwalt des Erben sichtete auch die Betreuungsakte, die das Betreuungsgericht ihm zur Akteneinsicht in die Kanzlei schickte; diese Akte war fast 400 Seiten dick. Aus dem Rechenschaftsbericht der Betreuerin ergab sich, daß noch € 10.000,- Bargeld bei der Betreuerin lagen. Mit diesem Beweis in der Hand erreichte der Anwalt des Erben, daß dieses Geld dann doch herausgegeben wurde. Außerdem recherchierte er Gerichtsentscheidungen, wonach die Beschränkung der Rechenschaftspflicht der Betreuerin gemäß BGB §§ 1908i, 1890 nur eine formale Regelung sei; der Erbe kann nach dem Urteil eines Oberlandesgerichts in Einzelfällen sehr wohl einen eigenen Anspruch auf Auskünfte und Rechenschaft über die Betreuung durchsetzen.

Nachfragen bei mehreren anderen Banken ergaben dann noch, daß der Erblasser früher ein Schließfach hatte. Hier lag eine Kündigung vor, die eine Verwandte mit Vollmacht des Erblassers vorgenommen hatte. Diese Bevollmächtigte wurde nun auch zur Auskunft darüber aufgefordert, was in dem gekündigten Schließfach war. Es stellte sich heraus, daß Gold- und Silbermünzen darin waren, die der Erblasser vor seiner Erkrankung als krisensichere Kapitalanlage gekauft hatte. Der Erbe verlangte die Herausgabe der Münzen. Nun wurde aber von der Bevollmächtigten und der Betreuerin behauptet, der Erblasser habe kurz vor seinem Tod die Gold- und Silbermünzen an die Betreuerin verschenkt. Der Erbe war enttäuscht, weil er ja nicht das Gegenteil beweisen konnte. Sein Anwalt war optimistischer: Betreuer dürfen so gut wie nichts verschenken, erst recht nicht an sich selber. Sie sollen das Vermögen im Interesse des Betreuten für diesen verwalten. Außerdem war in der Betreuungsakte ein neurologisches Gutachten, das bewies, daß der Erblasser im Zeitpunkt der angeblichen Schenkung geschäftsunfähig war. Es konnte also keine wirksame Schenkung vorliegen. Der Beweis dafür konnte aber nur deshalb geführt werden, weil die gründliche Ermittlung der Nachlaßwerte und das Studium der Betreuungsakte alles aufgedeckt haben.

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