Erbfall des Monats - August 2013

Erinnerungsstücke im Nachlass bei Berliner Testament

Erbschaften betreffen in erster Linie das Vermögen des Verstorbenen. Allerdings gibt es immer auch eine emotionale Komponente des Erbfalls. Diese Seite des Erbfalls führt gerade dann leicht zu einem Konflikt, wenn ein Beteiligter seine Pflichtteilsansprüche geltend macht. Das Gesetz regelt nämlich, daß ein Pflichtteilsberechtigter nur Anspruch auf Geld hat, nicht auch auf Erinnerungsstücke, an denen der emotionale Wert hängt.

Im konkreten Fall kann das so verlaufen: Die Erblasserin hat Kinder aus erster Ehe. Nach ihrer Ehescheidung heiratet sie wieder. Mit dem neuen Ehegatten macht sie ein „Berliner Testament“, das heißt der länger lebende Ehegatte wird durch ein gemeinschaftliches Testament zum Alleinerben bestimmt und die Kinder aus jeweils erster Ehe sollen erst im Schlußerbfall etwas bekommen, wenn also der zweite Ehegatte verstirbt.

Die Tochter findet sich jetzt aber nicht damit ab, daß nach dem Tod ihrer Mutter der Stiefvater alles bekommt. Sie sieht es auch nicht gerne, daß der Stiefvater schon wenige Monate nach dem Todesfall mit seiner neuen Freundin luxuriöse Urlaubsreisen unternimmt und auch sonst gerne als Lebemann auftritt. Neben der emotionalen Verletzung befürchtet sie auch, daß ihr Stiefvater das Erbe „auf den Kopf haut“, so daß sie am Ende eine wertlose Schlußerbschaft bekommt.

Nachdem die Kinder dadurch enterbt sind, daß der Ehegatte zunächst Alleinerbe wird, können sie den Pflichtteil verlangen. Der Stiefvater muß ihnen also auf Verlangen darüber Auskunft erteilen, was alles zum Nachlaß der Mutter gehört. Wenn der Pflichtteil dann berechnet ist, muß er ihn an die pflichtteilsberechtigten Kinder seiner verstorbenen Ehefrau auszahlen. Im Nachlaß war eine wertvolle Immobilie, aus deren Wert der Pflichtteil bezahlt werden muß. Das führt beim Erben zu Problemen, weil er nicht genug Geld kurzfristig verfügbar hatte, um den Pflichtteil gleich auszubezahlen. Er muß einen Kredit aufnehmen, was er als Rentner natürlich nicht gerne macht. Die Kinder ärgern sich trotzdem darüber, daß das Auszahlen des Pflichtteils so lange dauert. Außerdem bestand die Tochter darauf, daß auch der Hausrat und die Bilder einer regional bekannten Künstlerin bewertet werden, um den Pflichtteil auf den Euro genau zu berechnen. Der Aufwand der Bewertung dieser Nachlaßgegenstände ist für den Erben groß, der Pflichtteilsanspruch wird durch die Berücksichtigung des Hausrats nur wenig größer, weil die wesentlichen Vermögenswerte in aller Regel Immobilien, Geldanlagen bei Banken und ggf. Betriebsvermögen sind, nicht aber der Hausrat.

Zum Nachlaß gehören nun aber auch Kochbücher, die die Erblasserin von Hand geschrieben hat. Ihre Tochter möchte diese handschriftlichen Kochbücher als Erinnerung an die verstorbene Mutter haben. Nachdem das Pflichtteilsrecht ihr aber nur einen Anspruch auf Geldzahlung gibt, kann sie nicht erzwingen, daß sie diese Erinnerungsstücke aus dem Nachlaß bekommt.

In solchen Fällen hilft es regelmäßig weiter, sich rechtzeitig Gedanken zu machen, was man am Ende haben möchte. Wenn die Pflichtteilsberechtigten dem Erben ihre Wünsche in der geeigneten Art und Weise rechtzeitig mitteilen, läßt sich immer wieder eine Einigung erzielen. Im Praxisfall mit den handgeschriebenen Kochbüchern könnte das der Verzicht auf die Bewertung des Nachlasses gegen Herausgabe der Kochbücher sein. Da gebrauchter Hausrat in der Regel keinen nennenswerten wirtschaftlichen Wert darstellt und der Pflichtteil dann außerdem nur ein Bruchteil dieses Wertes ist, wäre dieser Preis für die Tochter nicht hoch. Allerdings sorgt die emotionale Seite solcher Fälle oft dafür, daß die Beteiligten selber den Konflikt unbeabsichtigt anheizen. Deshalb ist es sinnvoll, einen guten Rechtsanwalt hinzuzuziehen, der neben der Kenntnis der erbrechtlichen Ansprüche und Erfahrung mit den Auswirkungen unterschiedlicher Strategien auch mit Streitschlichtungen Erfahrung hat. Er wird dann – anders als viele Anwälte im Fernsehen – nicht mit der Faust auf den Tisch hauen und mit flammenden Plädoyers dem Gegner den letzten Euro aus der Tasche ziehen, so daß ein Beteiligter als 100%iger Sieger aus dem Streit geht. Erinnerungsstücke bekommt ein Pflichtteilsberechtigter eben nur durch einen Kompromiß, der sich am besten mit ruhigem, sachlichem Vorgehen erreichen läßt. Das sieht dann nicht spektakulär aus, führt aber eher zum Erfolg.

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