Erbstreit mit Testamentsvollstreckung für Liebhaberstücke
Testamentsvollstreckung durch Miterben
Beim Erben und Vererben auf der sicheren Seite sein und alles wesentliche gut regeln – wer will das nicht erreichen?
Aktuell bearbeiten wir einen Erbfall, bei dem dieser Versuch nicht so recht gelingen wollte, aus dem man aber viel lernen kann für die eigene Vermögensnachfolge durch ein Testament.
Der Erblasser hat es gut gemeint und einen Teil seiner Sachen einzelnen Personen zugewiesen durch Vermächtnisse. Ansonsten hat er drei Erben zu gleichen Teilen eingesetzt, die seine Vermögensnachfolge antreten. Damit alles gut abgewickelt wird, hat er einen Testamentsvollstrecker eingesetzt. Soweit so gut.
Es gab dann aber auch noch eine Besonderheit: Eine Sammlung von Liebhaberstücken gehört auch zum Nachlaß. Der materielle Wert ist überschaubar, es geht hier vor allem um einen Erbstreit, bei dem von den Beteiligten „alte Rechnungen“ herausgezogen werden. Im Detail war es so, daß diese Sachen an mehrere Verwandte vermacht wurden, einer davon ist gleichzeitig auch einer der Miterben. Und damit die Aufteilung der Sammlung gut gelingt, hat der Erblasser einen der Erben zum Testamentsvollstrecker für dieses Vermächtnis eingesetzt. Zu den Aufgaben gehört laut Testament die Aufteilung der Sammlung, so daß einerseits die Vermächtnisnehmer ungefähr gleichwertige Anteile bekommen, und andererseits „Gruppen“ der Sammlung erhalten bleiben. Was diese „Gruppen“ sein sollen, ist im Testaments nicht definiert worden.
Als Fachmann kann man sich jetzt schon denken, daß das von vornherein hochproblematisch ist: Man setzt einen Miterben am besten niemals zum Testamentsvollstrecker ein, und unbestimmte Ausdrücke sind sowieso konfliktträchtig, weil jeder Beteiligte eine andere Ansicht dazu haben kann. Dazu kommt noch, daß zwei Testamentsvollstrecker nur in sehr seltenen Ausnahmefällen eine gute Idee sind, und dann müßten die Aufgaben der beiden exakt abgegrenzt sein, was hier gerade nicht geschehen ist. Die Testamentsvollstrecker wissen also selber nicht, wie sie den Nachlaß eigentlich gemeinsam abwickeln sollen.
Der Fall lief zunächst ohne Beratung durch Rechtsanwälte. Ein Teil der Vermächtnisnehmerinnen nahm sich einfach so einen Teil der Sammlung und ließ die eigenen Kinder damit spielen. Das ist gleich zweimal schlecht gelaufen: Sobald Testamentsvollstreckung angeordnet ist, hat nur noch der Testamentsvollstrecker das Verfügungsrecht. Außerdem müssen Vermächtnisnehmer sich ihre testamentarische Zuwendung sowieso geben lassen, entweder vom Erben oder eben vom Testamentsvollstrecker; eigenmächtig wegnehmen ist einem Vermächtnisnehmer nicht erlaubt. Dazu kommt noch, daß Sammlerstücke kein Kinderspielzeug sind. Der Wert wurde dadurch kaputtgemacht, daß ein Sammlerstück „ganz normal“ benutzt wird.
Wer darf dem Testamentsvollstrecker Fristen setzen?
Der Streit fing aber erst an, als sich ein anderer Beteiligter einmischte. Er war nicht als Vermächtnisnehmer an der Sammlung beteiligt, sondern sollte einen anderen Teil der Erbschaft bekommen. Allerdings fühlte er sich dazu berufen, die Rechte seiner Verwandten durchzusetzen. Er verlangte vom Testamentsvollstrecker, der für die Vermächtnisse zuständig ist, Auskunft und „Pflichterfüllung“. Vermutlich wollte er also die Ausführung der Vermächtnisse und Rechenschaft darüber erreichen. So genau weiß man es aber nicht, weil er sich nicht allzu präzise ausgedrückt hat. Immerhin hat er eine Frist gesetzt, bis wann das geschehen soll, was er gefordert hat. Der Testamentsvollstrecker befürchtet jetzt, daß er ein Problem bekommt, wenn er die Frist nicht einhalten kann mit einer passenden Antwort. Also möchte er schnell einen Termin beim Fachanwalt für Erbrecht haben, um auf der sicheren Seite zu sein.
Die gute Nachricht ist: Fristen muß man nur erfüllen, wenn es einen juristisch nachvollziehbaren Grund dafür gibt. Und wenn jemand etwas fordert, was ihm selber gar nicht zustehet, dann ist die Frist unbeachtlich. Ob das der Fall ist, sollte aber nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wer eine Frist versäumt, die er einhalten muß, riskiert eine Klage und hohe Prozeßkosten.
Im aktuellen Erbfall des Monats gibt es aber gleich mehrere Gründe, warum die Frist keine Rolle spielt. Zwei wichtige Gründe sind das, was Juristen eine fehlende „Aktivlegitimation“ und fehlende „Passivlegitimation“ nennen: Zum einen stehen die eingeforderten Ansprüche nicht jedem zu, sondern nur den begünstigten Vermächtnisnehmern und allenfalls noch den Erben. Zum anderen hat der Testamentsvollstrecker dieses Amt noch gar nicht durch eine Erklärung gegenüber dem Nachlaßgericht angenommen.
Wann ist man überhaupt Testamentsvollstrecker?
Es reicht nicht aus, daß im Testament steht, wer als Testamentsvollstrecker Aufgaben haben soll. Das Amt des Testamentsvollstreckers muß in der richtigen Form angenommen werden, und zwar gegenüber dem Nachlaßgericht. Solange das nicht geschehen ist, hat noch niemand das Amt und kann deshalb auch nicht in der Eigenschaft als Testamentsvollstrecker verklagt werden. Wer einfach so die Aufgabe erfüllt und die Vermächtnisgegenstände verteilt, ist dadurch noch kein Testamentsvollstrecker, hat also weder die Rechte und Vergütungsansprüche, aber auch nicht die Pflichten des Testamentsvollstreckers. Ausnahmsweise braucht man die Frist nicht ernst zu nehmen, die der selbst ernannte „Volkstribun“ gesetzt hat. Der Rat an den im Testament vorgesehenen Testamentsvollstrecker für die Vermächtnisse ist dementsprechend, daß er vorerst gar nicht auf die Fristsetzung durch den nicht Berechtigten reagieren, sondern besser mit den Vermächtnisnehmern über eine Einigung reden soll. Das spart Zeit, Nerven und im Fall einer Klage auch viel Geld.