Erbfall des Monats - Mai 2015

Erbschaft für insolventen Verwandten

Die Insolvenz eines Verwandten kann im Erbfall eine besondere Herausforderung darstellen. Häufig wünschen Erblasser, daß ihr Nachlaß auch – oder gerade – finanziell gescheiterten Verwandten eine wirtschaftliche Verbesserung ihrer Situation bringt, daß das Familienvermögen eben den Angehörigen nützt. Es gibt hier einige Probleme, die allerdings mit einem guten Testament und dessen sauberer Abwicklung ganz gut umschifft werden können mit einem sogenannten „Bedürftigentestament“.

Wenn die Erbschaft bzw. das Vermächtnis vor oder während des Insolvenzverfahrens anfällt, dann fällt dieser erbrechtliche Erwerb in die Insolvenzmasse und steht dafür zur Verfügung, die Forderungen der Insolvenzgläubiger zu erfüllen (InsO § 83). Oft bleiben auch nach der Erbschaft noch weitere Schulden, so daß der insolvente Verwandte selber gar nichts davon hat.

Damit die Insolvenz nicht auch noch familiäre Beziehungen über Gebühr belastet, steht es dem Insolvenzschuldner frei, Erbschaften und Vermächtnisse auszuschlagen. Erst recht braucht er nicht den Pflichtteil einfordern, wenn der ihm zustünde. Die Gläubiger können schließlich nicht davon ausgehen, daß ihr Schuldner reich erben wird; sie können sich nur auf das Vermögen und Einkommen ihres Schuldners verlassen. Wenn der Insolvente seine Erbschaft ausschlägt, hat er selber aber auch nichts davon.

Anders ist die Regelung im Gesetz, sobald im Anschluß an das Insolvenzverfahren die Wohlverhaltensphase bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung läuft: In dieser Zeit braucht der Schuldner nur noch die Hälfte seines „Erwerbs von Todes wegen“ (also Erbschaft, Vermächtnis, Pflichtteil,…) an den Treuhänder abzuliefern, womit dann die Insolvenzgläubiger bedient werden. Die andere Hälfte darf der insolvente Erbe in dieser Phase des Verfahrens behalten.

Soweit zu den Grundlagen des Insolvenzrechts. Der Spielraum kann vom Erblasser allerdings erheblich erweitert werden durch eine gut durchdachte Regelung im Testament: Wenn der  verschuldete Verwandte nur Vorerbe wird, dann stehen ihm nur die Erträge seines Erbteils zur Verfügung, die Vermögenssubstanz bleibt für die Nacherben erhalten. Hier ist es sehr beliebt, ein insolventes Kind zum Vererben und die Enkelkinder oder Geschwister zu Nacherben einzusetzen. Für die Details ist eine individuelle, fachmännisch beratene Regelung erforderlich, damit die gut gemeinte Regelung nicht an Beschränkungen oder Befreiungen scheitert, die „aus Versehen“ nicht an den individuellen Einzelfall angepasst wurden.

Damit die Erträge der Vorerbschaft tatsächlich beim gewünschten Empfänger, dem insolventen Verwandten, ankommen, wird dann noch eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet mit sogenannten „Verwaltungsanweisungen“ an den Testamentsvollstrecker. Hier wird eine Liste mit Dingen und Anlässen ins Testament geschrieben, die dieser Erbe bekommen soll. Hier ist es wichtig, daß der Testamentsvollstrecker eine hohe Fachkompetenz im Erbrecht und außerdem die nötige Ahnung vom Insolvenz- und Sozialrecht hat. Fehler bei der Freigabe von Mitteln z.B. als Taschengeld in einer allzu großzügigen Summe führen nämlich dazu, daß der Vorrede dann doch die Hälfte des Wertes an den Treuhänder abliefern muß oder daß sogar die Restschuldbefreiung versagt wird wegen Verstößen gegen die Pflicht zur Ablieferung des halben Werts der  in der Wohlverhaltensphase. Ansprüche des Sozialleistungsträgers können auch bestehen, wenn der Testamentsvollstrecker etwas falsch macht. Daher ist es sinnvoll, einen Fachmann mit zertifizierter Ausbildung zum Testamentsvollstrecker für diese anspruchsvolle Aufgabe zu nehmen. Wenn ein Verwandter diese Aufgabe übernimmt – was meist ehrenamtlich durch Sohn oder Tochter des Erblassers geschieht -, dann sollte er oder sie sich unbedingt  gleich als erstes aktuelle Fachliteratur zu Testamentsvollstreckung und Insolvenzrecht anschaffen oder einen Fachanwalt für Erbrecht konsultieren, um alle Aufgaben fehlerfrei zu bewältigen. Für Fehler in der Amtsführung haften Testamentsvollstrecker nämlich, selbst wenn sie für ihre schwierige Aufgabe nicht bezahlt werden, und die Haftung des Testamentsvollstreckers ist auch nicht davon abhängig, ob er seine Pflichten kennt oder nur „aus Versehen“ Fehler macht. Wenn aber das Testament für den konkreten Einzelfall gut formuliert ist und der Testamentsvollstrecker fachlich einwandfrei arbeitet, dann sichert das vererbte Vermögen auch eine angemessene wirtschaftliche Besserstellung des insolventen Familienmitglieds.

Falls wir Ihr Interesse geweckt haben, melden Sie sich gerne bei uns.

Wir sind umgezogen

Wir haben einen neuen Standort! Besuchen Sie uns jetzt in der Uhlandstraße 16, 70182 Stuttgart. Freuen Sie sich auf unsere gewohnte Qualität an unserem neuen Ort!