Erbfall des Monats - August 2018

Erbschaft angenommen durch Ablauf der 6-Wochen-Frist

“Erbe werden ist nicht schwer – Erbe sein dagegen sehr.“ So kann man kurz und prägnant das umschreiben, was sich hinter dem Fachausdruck „Von-selbst-Erwerb des Erben“ verbirgt. Schauen wir uns mit einem aktuellen Fall an, worum es dabei geht:

Dem Sohn des Verstorbenen ging das Eröffnungsprotokoll des Nachlaßgerichts mit einer beglaubigten Abschrift des Testaments seines Vaters zu. Im Testament ist der Sohn als Alleinerbe vorgesehen. Es stehen aber auch umfangreiche Vermächtnisse für die letzte Ehefrau des Vaters, die aus Sicht des Sohns die Stiefmutter ist; sie bekommt unter anderem das „Geldvermögen nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten“. Dazu kommt noch, daß die Enkel des Erblassers als Nacherben eingesetzt sind, aus Sicht des Erben seine Neffen und Nichten.
Die Erbschaft besteht vor allem aus einem Hausgrundstück mit großem Garten, in dem  der Erbe eine Wohnungen bewohnt und der Rest vermietet ist. Daneben gibt es noch eine Eigentumswohnung. Bei der Bank hatte der Erblasser nur wenig Geld. Der Sohn schuldete seinem Vater aus einem Privatdarlehen noch ein paar tausend Euro.
Drei Monate nach der Testamentseröffnung ging der Erbe zum Rechtsanwalt und ließ sich beraten, was er machen soll. In der Zwischenzeit hatte ihn der Anwalt seiner Stiefmutter angeschrieben und zur Erfüllung der Vermächtnisse aufgefordert; konkret sollte er das Bankguthaben auszahlen, das Privatdarlehen zurückzahlen und einen Notartermin für die Übereignung der Wohnung vereinbaren.
Der Anwalt des Erben konnte nur noch das Schlimmste verhindern. Wenn der Erbe innerhalb der 6-Wochen-Frist für eine Ausschaltung der Erbschaft zur Beratung gekommen wäre, dann wäre der beste Rat gewesen, die Erbschaft mit all den Beschränkungen und Beschwerungen auszuschlagen und stattdessen den Pflichtteil vom Nachlaß einzufordern. Dann hätte der Sohn keine Pflichten aus der Erbschaft gehabt, könnte aber seinen Anteil am Wert des Nachlasses beanspruchen.
Nachdem diese Frist verstrichen war, wurde der Sohn durch 6 Wochen „nicht-ausschlagen“ mit Wirkung zum Tag des Erbfalls der Erbe, und zwar mit den „Fesseln“ der Vor-/Nacherbfolge sowie mit der Belastung durch die Vermächtnisse. Als Vorerbe muß er nun das Vermögen in der Substanz erhalten, darf -vereinfacht gesagt- für sich selber nur die Nutzungen und Erträge verwenden und muß dafür das Haus „in Schuß halten“, damit die Nacherben es später im Nacherbfall in einem guten Zustand bekommen werden.
Immerhin konnte sein Anwalt ihm beim geerbten Geld noch einen guten Rat mit auf den Weg geben: Er braucht als Vermächtnis nur das Geld zahlen, das nach all den Verbindlichkeiten übrig bleibt, die vom Erblasser stammen oder mit dem Erbfall im Zusammenhang stehen. Das heißt, erst wenn die Beerdigung einschließlich Grabstein und auch die letzte Arztrechnung bezahlt ist, steht fest, wieviel Euro das „Geldvermögen nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten“ ist, was an die Witwe des Erblassers zu zahlen ist.Bis dahin braucht er nicht das ganze Bankguthaben und auch nicht das Privatdarlehen herauszugeben. Ansonsten kommt noch im Fall der Zahlungsunfähigkeit in Frage, daß beispielsweise mit Hilfe eines Nachlaßinsolvenzverfahrens die „Fesseln“ der Vorerbschaft gelöst werden, um aus dem immobilienlästige Vermögen ausreichend viel Liquidität zu erhalten; eventuell braucht auch das Wohnungsvermächtnis aufgrund einer solchen Insolvenzlage des Nachlasses nicht wortgetreu gemäß Testament erfüllt zu werden. Die Details sind in solchen Fällen vielschichtig. Der Fall zeigt sehr deutlich, daß die sogenannte „Fiktion der Annahme einer Erbschaft“ durch Ablauf der 6-Wochen-Frist sehr gravierende Auswirkungen hat. Man kann den betroffenen Erben nur dringend dazu raten, sich rechtzeitig zu den verschiedenen Möglichkeiten und deren Auswirkungen beraten zu lassen.

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