Aktuell beschäftigt uns eine Anfrage von deutschen Staatsangehörigen, die in Österreich und in Deutschland wohnen und eine Immobilie in Irland haben. Sie wollen ein Testament beurkunden lassen wollen. Der Notar war auf Nachfrage überrascht, daß in Irland ein anderes Erbrecht gelten könnte, trotzdem steht der Termin für die Beurkundung schon fest. Die Verwandte des Testators, die im Testament als Erbin eingesetzt werden soll, ist zwar selbst Juristin, allerdings hat sie ein anderes Spezialgebiet als Erbrecht. Sie hat immerhin davon gehört, daß in Irland zwei Zeugen das Testament mit unterschreiben sollten und fragt einen deutsch-irischen Rechtsanwalt nach Details zu den Formvorschriften in Irland und auch nach einer möglichen Anerkennung des deutschen Testaments in Irland, so wie es im deutschen Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) zu unserer Sicht auf das Internationale Privatrecht (IPR) geregelt ist.
Die Frage ist schon einmal sehr wichtig. Schließlich werden Testamente nur dann beachtet, wenn alle Formvorschriften erfüllt sind. Allerdings gibt es noch zwei weitere Probleme, die schwerwiegende Folgen haben können: In Deutschland hinterläßt der verstorbene Erblasser eine Erbschaft, in Irland dagegen eine Verlassenschaften (Estate of a Deceased), und das sind völlig verschiedene Konzepte von Rechtssystemen. Außerdem gibt es zwischen den wenigsten Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen für Erbschaft- und Schenkungsteuer, so daß gleichzeitig die Finanzämter in mehreren Ländern „die Hand aufhalten“ könnten. Schauen wir uns die wesentlichen Punkte derartiger Fälle an, damit sich die größten Probleme mit überschaubarem Aufwand lösen lassen:
Für die Formvorschriften haben sowohl Deutschland, Österreich als auch Irland das Haager Abkommen / Übereinkommen über Testamentsformen ratifiziert. Das Ergebnis ist, daß bei deutsch-irischen bzw. österreichisch-irischen Erbfällen alle Testamente als formgültig akzeptiert werden, die in einem der beiden Länder wirksam sind. Das maschinengeschriebene Zwei-Zeugen-Testament ist in Irland die häufigste Form, aber auch dort wird ein eigenhändiges Testament akzeptiert. Notare haben in Irland eine andere Funktion als in Deutschland und in Österreich, so daß das maschinengeschriebene notarielle Testament ohne zweiten Zeugen wohl nur über das Haager Testamentsformübereinkommen in Irland akzeptiert. Die Formalien werden aber in deutsch-irischen und österreichisch-irischen Fällen in der Regel keine Hürde darstellen.
Anders schaut es aus bei der Frage, welches nationale Erbrecht denn gelten soll. Damit bei Erbfällen mit Auslandsbezug die altbekannten Schwierigkeiten der Nachlaßspaltung vermieden werden, gilt seit einigen Jahren die EU-Erbrechts-Verordnung, die nebenbei Vorrang hat vor den alten Regeln des nationalen EGBGB. Deutschland und Österreich nehmen daran Teil, Irland aber trotz EU-Mitgliedschaft nicht. Das Ergebnis ist, daß Immobilien in Irland immer noch nach irischem Recht vererbt werden. Und das kann auf zwei Ebenen problematisch sein, nämlich bei der Frage wer wieviel erbt und dann auch noch bei der Frage, wie das dann einmal abgewickelt werden soll.
Die erste Frage ist leichter zu lösen, da Irland weitgehende Testierfreiheit kennt; anstelle des deutschen Pflichtteils gibt es für Kinder des Erblassers lediglich einen Anspruch auf eine Equity-Entscheidung des Richters, der gewissermaßen einen Unterhaltsanspruch in „billiger Höhe“ zusprechen kann, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen und das Ermessen des Richters ausgeübt ist. Das Ergebnis ist aus deutscher Sicht schwer vorherzusagen, aber in aller Regel viel weniger als ein Pflichtteilsanspruch.
Bei der Abwicklung sieht es völlig anders aus: Im deutschen Erbrecht wird der Erbe von selbst Eigentümer der Nachlaßgegenstände, er muß nur noch bei Gelegenheit das Grundbuch berichtigen lassen. In Österreich sieht es schon anders aus, dort muß vom Erben im Einantwortungsverfahren eine Erbantrittserklärung abgegeben werden, damit das Gericht dann einen Gerichtskommissär (z.B. einen Notar) einsetzt, der sich um die Verlassenschaft kümmert mit Kosten, die bei deutsch-österreichischen Fällen noch akzeptabel sind. In Irland ist es anders, dort sollte das Testament einen Abwickler des „Estate“ benennen, der sich möglichst soweit im irischen Erb- und Steuerrecht auskennt, daß er die Aufgabe auch tatsächlich gut erfüllen wird. Anderenfalls treten diverse Probleme auf, die sich zwar lösen lassen, jedoch ungewöhnlich hohe Kosten verursachen. Aus der Praxis ist bekannt, daß die Abwicklung einer „Kleinigkeit“ in Irland mit einem „typisch deutschen“ Testament allein auf irischer Seite selten weniger als €5.000 kostet, es können auch schnell fünfstellige Kosten anfallen; diese Kosten kommen zu den Kosten des deutschen (oder österreichischen) Verfahrens dazu. Zu den Kosten kommen noch Verzögerungen, weil eine deutsche Regelung nicht so leicht ins irische Rechtssystem übersetzt werden kann, und die zuständigen Bearbeiter in Irland auch nur selten mit deutschen Fällen zu tun haben. Häufig dauert die Abwicklung der Erbschaft dann ein bis zwei Jahre länger, als es mit einem guten Testament nötig gewesen wäre. Auf der anderen Seite ist es für einen kompetenten Fachmann eigentlich gar kein „Hexenwerk“, ein Testament so zu gestalten, daß es in beiden Ländern reibungslos umgesetzt werden kann. Die zusätzlichen Kosten dafür sind oft nur wenige hundert Euro im Vergleich zu den exorbitanten Kosten für die Abwicklung eines allzu national gedachten Testaments.
Am Ende kommt dann für viele Betroffene noch eine weitere Überraschung: Die deutsche Erbschaftsteuer fällt für die gesamte weltweite Erbschaft (bei Erbengemeinschaft: den Erbteil) an, wenn entweder der Erblasser oder der Erbe den Steuerwohnsitz in Deutschland hatte; wer wegzieht muß als deutscher Staatsangehörigen mehr als fünf Jahre weggezogen sein, damit die Steuer nicht mehr anfällt. In Irland gibt es die Capital Acquitsitions Tax (CAT), die ebenfalls auf Erbschaften anfällt. Und weil es kein Doppelbesteuerungsabkommen für diese Steuerart gibt, kann die Auslandsimmobilie doppelt besteuert werden. Manchmal gibt es Ausnahme- oder Verschonungsregelungen für bestimmte Immobilien, wobei die Anforderungen für die Steuerbegünstigung dann in jedem Land etwas anders sind. Der Kauf einer Immobilie in Irland hat häufig den Zweck gehabt, (Einkommen-)Steuer zu sparen. Da ist es dann scho schade, wenn beim Vererben umso mehr Steuern anfallen.
Hier lohnt es sich unbedingt, einen Berater zu Rate zu ziehen, der die umfassende, ganzheitliche Beratung der internationalen Vermögensnachfolge leisten kann, also vom Testamentsentwurf über die Steuerberatung bis zur Unterstützung bei der Abwicklung. Rechtsanwalt Stefan Mannheim hat als Fachanwalt für Erbrecht einige deutsch-irische und andere internationale Erbfälle beraten und abgewickelt einschließlich der Klärung von Fragen zur Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Capital Acquisitions Tax.