Erbfall des Monats - April 2013

Erben leben im Ausland

Eine besondere Herausforderung für die Beteiligten ist es, wenn die Erben im Ausland wohnen. Im Beispielsfall sind die Erben die Enkel einer schwäbischen Großmutter, deren Kind ausgewandert war. Die Enkel wuchsen in Kanada auf und sprechen kein deutsch. Nachdem das Kind früh verstorben war, setzte die Großmutter im Testament ihre Enkel zu Erben ein.

Schwierig ist bereits die Informationsbeschaffung für die Erben. Die Informationen bekommen sie in deutscher Sprache, die sie nicht verstehen. Im Beispielsfall mußten die Erben also einen Übersetzer finden, um die Schreiben des Nachlaßgerichts und später dann die Kontoauszüge der Bank und den Mietvertrag zu verstehen.

Zu den Schwierigkeiten mit der fremden Sprache kommt in solchen Fällen noch hinzu, daß jedes Land seine eigenen Gesetze und jedes Volk sein eigenes Verständnis davon hat, wie etwas ’angepackt’ werden sollte. Hier ist es leicht, in Fettnäpfe zu treten und beispielsweise bei der Mietwohnung einen unbeabsichtigten Konflikt herbeizuführen. Die kanadischen Erben sind aus ihrem Heimatland gewohnt, daß der Nachlaß von einem Verwalter (administrator) abgewickelt wird, den das Nachlaßgericht (probate court) bestellt. Während in angelsächsischen Ländern alles von fachkundigen Profis erledigt wird, muß der deutsche Erbe sich um alles selbst kümmern.

Damit die Abwicklung reibungslos abläuft, beauftragten die Erben lieber einen Fachanwalt für Erbrecht, der aufgrund seiner internationalen Berufserfahrung auch verhandlungssicher englisch spricht. Dieser Anwalt kümmerte sich um einen Termin beim Nachlaßgericht für den Erbscheinsantrag und konnte in diesem Termin gleichzeitig als Dolmetscher für die Erben fungieren. Er stellte auch gleich im Namen der Erben einen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs für die geerbte Eigentumswohnung, die daraufhin gebührenfrei erfolgen konnte.

Im Erbscheinsverfahren gab es wegen des Auslandsbezugs noch weitere Herausforderungen: Die Erben mußten nachweisen, daß sie die Enkel der Erblasserin sind und daß ihre Mutter bereits vor der Großmutter verstorben ist. Diese Nachweise über die Verwandtschaft werden normalerweise durch Personenstandsurkunden der deutschen Standesämter erbracht und dazu der aktuelle Personalausweis oder Reisepaß vorgelegt. Im Ausland sind teilweise andere Behörden zuständig, und die Dokumente müssen so aufbereitet werden, daß der deutsche Nachlaßrichter mit den ausländischen Dokumenten zurechtkommt. In Nordamerika sind Namensänderungen einfacher möglich als in Deutschland. Ein Teil der Erben hatte auch tatsächliche Namensänderungen vorgenommen, so daß im aktuellen Reisepaß ein anderer Name stand als in der Geburtsurkunde (birth certificate). Außerdem konnte die Sterbeurkunde (death certificate) der ausgewanderten Tochter der Erblasserin, die vor ihrer Mutter vorverstorben ist, nicht gleich gefunden werden. Somit war der Nachweis der Verwandtschaft für die Erben aus Kanada besonders schwierig. Hier halfen die Auslandserfahrung ihres Anwalts sowie der gute Wille des Nachlaßrichters, der auf eine beglaubigte Übersetzung der vorgelegten Urkunden verzichtete. Er erteilte gleich im Termin den Erbschein, so daß die Erben während ihres kurzen Aufenthalts in Deutschland fast alles erledigen konnten, was zur Abwicklung des Nachlasses erforderlich war. Auch hier half der Anwalt, der ihnen einen Zeitplan für die erforderlichen Maßnahmen aufstellte. Sonst wären sie im Lauf der Monate immer wieder auf eine unerledigte Angelegenheit gestoßen.

Beim Nachlaßgericht konnten die Erben auch gleich die dort hinterlegten Sachen der Erblasserin abholen, beispielsweise Sparbücher bei verschiedenen Banken und Zahngold. Nach dem Todesfall wurden diese Dinge nämlich vom Pflegeheim und der Betreuerin zum Nachlaßgericht in Verwahrung gegeben. Der Anwalt der Erben ahnte schon, daß die Erben ohne deutsche Sprachkenntnisse Unterstützung bei der Auflösung der Sparbücher benötigen würden und begleitete sie zu den Banken. Tatsächlich fand sich bei der Sparkasse kein Mitarbeiter, der gut genug englisch gekonnt hätte, um die Abwicklung in allen Punkten 100%-ig zu erklären und zu dokumentieren.

Eine weitere Herausforderung war bei den Banken, daß die ausländischen Erben wegen der Erbschaftsteuer das Guthaben nicht gleich mitnehmen konnten. Hierfür wollten zunächst alle Banken abwarten, bis das Finanzamt die Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Erbschaftsteuer erteilt hatte. Sonst würde die Bank für Steuerschulden der Erben aus Übersee haften. Der Erbrechtsanwalt, der selbst einige Jahre Bankangestellter war, konnte immerhin erreichen, daß dennoch ein Teil der offenen Rechnungen per Überweisung beglichen wurde, beispielsweise die Kosten für Beerdigung, Pflegeheim und Behandlungen durch Ärzte und Physiotherapeuten der Erblasserin, die erst nach dem Versterben der Erblasserin in Rechnung gestellt worden waren. Eine der Banken zahlte nach etwas Verhandlungsaufwand das Sparguthaben aus, so daß die Erben darüber hinaus flüssige Mittel für die Abwicklung des Nachlasses hatten.

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