Erbfall des Monats - Juni 2015

Erbausschlagung unwirksam – mit glücklichem Ende

Immer wieder werden Erbschaften ausgeschlagen, weil die Erben meinen, daß sie sonst nur Schulden erben würden. So war es auch im vorliegenden Fall:

Eine alte Dame verstarb. Sie hinterließ mehrere Kinder und Enkel, ein kleines Eigenheim und eine Darlehensschuld bei der Bausparkasse. Die Nachkommen befürchteten, daß außerdem noch Konsumentenkredite für diverse kleinere Anschaffungen zu begleichen wären. Daher schlug eines der Kinder die Erbschaft aus. Als Ersatzerben waren seine Kinder an der Reihe. Auch die schlugen ihre Erbschaften aus. Einer verpaßte jedoch die kurze Frist von sechs Wochen. Seine Ausschlagungserklärung wurde zwar vom Nachlaßgericht zu Protokoll genommen mitsamt einem Hinweis darauf, daß er wegen einer Verletzung an der rechtzeitigen Erbausschlagung gehindert gewesen sei. Diese Erklärung enthielt allerdings keine Details zu der Frage, wie die Verletzung sich konkret darauf ausgewirkt haben soll, daß er nicht rechtzeitig ausschlagen konnte. Dafür hätte es ja auch ausgereicht, einen Notar nach Hause kommen zu lassen, der dann die Erbausschlagungserklärung beurkunden und ans Nachlaßgericht schicken kann. Daher war die Erbausschlagung unwirksam, dieser Enkel war somit Erbe geworden.

Zum Nachlaß gehörte ja ein Hausgrundstück. Für diese Immobilie meldete sich plötzlich ein Kaufinteressent, der einen Preis vorschlug, der weit über dem bisherigen Verkehrswert lag. Dadurch konnte nun kein Zweifel mehr daran bestehen, daß der Nachlaß entgegen anfänglicher Befürchtungen der Erben gar nicht überschuldet war. Der Enkel wurde gebeten, den Kaufvertrag mit zu unterschreiben und seinen Teil des Kaufpreises nach Abzug der Restschuld bei der Bausparkasse entgegenzunehmen.

Damit der Grundstücksverkauf abgewickelt werden konnte, war auch noch ein Erbschein erforderlich. Dafür beantragte der Enkel einen Fachanwalt für Erbrecht. Beim Erbscheinsantrag argumentierte der Jurist dann, daß die Erbausschlagung nicht beachtet werden darf, weil sie verspätet war. Der Erbschein wurde erteilt, der Enkel hat nun anstelle der befürchteten Schulden eine überraschend hohe Summe von seiner Großmutter geerbt.

Ärgerlich mag das für die anderen Nachkommen sein, die ihre Erbteile ausgeschlagen haben. Sie hätten bessere Möglichkeiten zur Beschränkung ihrer Haftung gehabt, wählten aber die scheinbar einfachste Möglichkeit der Erbausschlagung, die aber nicht rückgängig gemacht werden kann. Hier zeigt sich wieder einmal, daß es am Ende nicht gut ist, an kompetenter Beratung zum Erbrecht zu sparen.

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