Erbfall des Monats - November 2014

Digitaler Nachlass

Wer heute das Internet als „Neuland“ bezeichnet, zieht die Lacher auf seine Seite. Dabei gibt es hier immer noch eine spannende Frage, bei der viele Punkte auch noch gar nicht eindeutig geklärt sind: Was passiert nach dem Tod mit dem „digitalen Nachlaß“? Hat der Erbe Zugriff auf eMails und auf „social media“-Accounts des Verstorbenen im Internet? Was ist mit den Daten „in der Cloud“ oder mit der eigenen Website? Und in welchen Gesetzen ist das überhaupt geregelt?

Das Erbrecht gilt grundsätzlich auch für digitale Sachverhalte. Der Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers – allerdings gilt das nur bei den Rechten mit Vermögenswert. Das heißt beispielsweise, daß Abonnements bei Online-Datenbanken oder Online-Zeitungen vererbt werden.

Für das Persönlichkeitsrecht gelten andere Grundsätze: Dieses Recht geht entweder auf den nächsten Angehörigen über oder es erlischt sogar ganz mit dem Tod des Berechtigten. Werfen wir einen Blick auf einige wichtigen Dinge beim digitalen Nachlaß:

Bei eMails muß neben den anderen Vereinbarungen und Gesetzen auch das Fernmeldegeheimnis beachtet werden, das im Grundgesetz, im Telekommunikationgsgesetz und im Strafgesetzbuch geregelt ist. Die eMails, die auf der Festplatte des Verstorbenen gespeichert sind, stehen nach Ansicht der allermeisten Juristen dem Erben zur Verfügung. Beim Zugriff auf eMails, die auf einem Server im Internet liegen, sieht es anders aus. Hier stellt sich die Frage, ob vom Betreiber des eMail-Dienstes Zugang zu den eMails verlangt werden kann. Dafür spricht, daß der Erbe oft auch vermögensrelevante Interessen an den eMails hat; schließlich können die meisten Verträge auch per eMail abgeschlossen und gekündigt werden und Gewährleistungsansprüche lassen sich auch per eMail reklamieren, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Nachdem eMails wenigstens zwei Beteiligte haben, nämlich Absender und Empfänger, ist aber auch an die Privatsphäre des Kommunikationspartners zu denken. In aller Regel wird er davon ausgehen, daß die eMail – genauso wie ein Brief – nur von demjenigen gelesen wird, an den sie adressiert ist. Gerade durch die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Fernmeldegeheimnis werden Anbieter von email-Diensten mit Anfragen von Hinterbliebenen lieber zurückhaltend umgehen. Es wird also schwer, den Zugang zum eMail-Account durchzusetzen. Bei De-Mail kommt noch dazu, daß der Betreiber verpflichtet ist, die Identität der Nutzer zu gewährleisten; den De-Mail-Account darf also kein anderer zum Versand von eMails benutzen als der Account-Inhaber, dessen Identität geprüft wurde. Erben haben hier allenfalls Zugriff auf die eingegangenen eMails.

Bei „social media“-Accounts sieht die Rechtslage etwas anders aus. Viele Anbieter dieser Dienste regeln in ihren Geschäftsbedingungen, was im Todesfall mit den Daten geschieht. Teilweise wird der Account umgestellt auf „inaktiv“ oder gleich gelöscht. Es gibt aber auch Anbieter wie Facebook, die sich weitestgehende Rechte an den Inhalten ihrer Teilnehmer einräumen lassen. Bei der rechtlichen Beurteilung ist hier auch zu unterscheiden zwischen den Nachrichten, die wie eMails behandelt werden, und anderen online gestellten Inhalten wie etwa Fotos, Videos oder Texten. Beispielsweise gibt es bei Fotos von Personen Rechte des Abgebildeten gemäß Kunsturhebergesetz § 22. Bei Blogeinträgen liegt in der Regel ein Sprachwerk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes vor. Fotos, die der Verstorbene gemacht und dann im Web eingestellt hat, sind regelmäßig als Lichtbildwerk vom Urheberrecht geschützt. Videos sind aus Sicht des Urheberrechts entweder Filmwerke oder Laufbilder. Der Erbe kann eigentlich über das an ihn vererbte Urheberrecht verlangen, daß das alles gelöscht, nicht weiter verbreitet wird oder daß ihm wenigstens die Nutzung durch das „social network“ angemessen vergütet wird. In der Praxis sehen die AGB von Facebook und einigen anderen Diensten aber vor, daß die Rechte weitestgehend an den Betreiber des Dienstes übertragen bzw. kostenlose Nutzungsrechte eingeräumt werden. Bei Facebook kommt noch hinzu, daß die AGB ausdrücklich ausschließen, daß die mit anderen „geteilten“ Inhalte gelöscht werden, solange die anderen das nicht von sich aus auch tun. Ob diese AGB wirksam sind, kann man sicher kritisch diskutieren. In der Praxis wird es jedoch schwer, ein Urteil nach deutschem Verbraucherschutzrecht an dem Ort zu vollstrecken, an dem der Server mit den Daten steht, die gelöscht werden sollen, bzw. an dem der Dienstbetreiber seinen Firmensitz hat. Selbst wenn mit dem anderen Land internationale Abkommen über die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen bestehen, müssen in der Praxis förmliche Verfahren durchlaufen und oft auch kostspielige Übersetzungen angefertigt werden. Wer Probleme vermeiden möchte, sollte sich schon vor der Teilnahme an solchen „social networks“ überlegen, ob die Bedingungen des Anbieters für ihn fair sind.

Wichtig ist für den Erben auch, daß er mögliche Verstöße des Erblassers gegen gewerbliche Schutzrechte beseitigt, sonst haftet er dafür. Solche Verstöße können vorliegen, wenn etwa fremde Marken oder eingetragene Designs ohne Erlaubnis verwendet werden. Auch der Erbe ist verpflichtet, solche Verstöße zu beseitigen (löschen) und einen möglichen Schaden des Rechteinhaber zu ersetzen.

Wenn der Erblasser eine eigene Website hatte, handelt es sich juristisch gesehen um vertragliche Nutzungsrechte, die beispielsweise mit der Denic bestehen. Diese Rechte werden vererbt, so daß der Erbe die Website übernimmt. Dabei ist eines sehr wichtig: Bei Impressumpflicht (Telemediengesetz §§ 5, 6) müssen die Angaben so schnell wie möglich aktualisiert werden. Sonst drohen Abmahnungen und andere Nachteile.

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