Erbfall des Monats - Oktober 2017

Bindungswirkung beim Berliner Testament

Heute rief eine Mandantin (M) an. Ein älterer Herr hat sie im Testament als Erbin eingesetzt, wohl aus Dankbarkeit für ihre Hilfsbereitschaft in den letzten Jahren, als erst seine Frau und dann auch noch sein Kind gestorben war.

Es kam aber gleich eine Frage auf: Beim Nachlaßgericht hat die M erfahren, daß es ein Problem geben könnte: Der ältere Herr hat nämlich vor etlichen Jahren mit seiner Ehefrau zusammen ein „Berliner Testament“ beim Notar errichtet und das Kind zum Schlußerben eingesetzt. Jetzt stellt sich die Frage, welches Testament wirksam ist: Hat das ältere, gemeinschaftliche Ehegattentestament Vorrang oder gilt das neuere Einzeltestament, gerade nachdem der ursprünglich vorgesehene Schlußerbe vor dem Erblasser verstorben ist?

Beim Berliner Testament gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie es gestaltet wird. Juristische Laien können kaum ahnen, wie groß die Bandbreite ist, oft genug schreiben sie einfach nur „Wir verfügen hiermit ein Berliner Testament, Datum/Unterschrift“, was aber leider nicht einmal erkennen läßt, wie und in welche Richtung die Erbschaft gehen soll. Einzige Gemeinsamkeit der Berliner Testamente ist, daß beim Tod eines Partners erst einmal der andere Ehegatte Erbe werden soll. Das kann in Form der unbeschränkten Vollerbschaft oder der Vorerbschaft geschehen. Es können entweder Schlußerben oder Nacherben eingesetzt werden – oder die Erbfolge nach dem zuletzt versterbenden Ehepartner bleibt offen.

Eine weitere, elementar wichtige Frage ist, ob für einzelne (oder auch alle ) Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament Bindungswirkung gewollt ist. Wenn das nicht ausdrücklich geregelt wird, gelten diverse Auslegungsregeln – und wer verläßt sich schon gern darauf, daß die Richter sich überlegen, was Sie damals vermutlich gewollt haben?

Zum aktuellen Erbfall des Monats liegt uns noch nicht der Wortlaut des „Berliner Testaments“ vor. Nachdem Vermutlich steht darin entweder etwas über Ersatzerben oder über Bindungswirkung. Wenn der länger lebende Ehegatte frei in Verfügungen über seinen Nachlaß ist, kann das neuere Testament gültig sein, das nach dem Tod der Ehefrau geschrieben wurde. Einfach wird es allerdings nicht, den Erbschein zu bekommen. Hier wird wohl ein Fachanwalt für Erbrecht helfen müssen, den Sachverhalt aufzuklären und den richtigen Antrag zu stellen und auch gut zu begründen.

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