Erbfall des Monats - Mai 2020

Auskunftsanspruch – was genau muss da gemacht werden?

Im Erbrecht gibt es diverse Auskunftsansprüche. Häufig entsteht Streit darüber, wer wem was genau mitteilen muß und ob die Auskünfte dann auch noch durch Dokumente belegt werden müssen. Eine pauschale Antwort wäre zu einem so weiten Gebiet wie dem Erbrecht von vornherein falsch, also schauen wir die wichtigsten Auskunftsansprüche nacheinander an:

A.) Pflichtteilsberechtigte haben Anspruch gegen den oder die Erben auf Auskunft darüber, was zum Nachlaß gehört. Zum Nachlaß gehören alle Sachen und Rechte, die wenigstens potentiell wirtschaftlichen Wert haben. Außerdem sind die Nachlaßverbindlichkeiten Teil des Nachlasses, also alles was der Erblasser an Verpflichtungen zu Zahlungen, zur Herausgabe von Sachen usw. zu erfüllen hatte; auch ein Teil der Kosten, die erst nach dem Tod berechnet werden, gehören zu den Nachlaßverbindlichkeiten, insbesondere Bestattungskosten und Arztrechnungen für Totenschein usw. Zu den Pflichtteilsansprüchen gehört auch die Pflichtxeilsergänzung um das, was der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod verschenkt bzw. unter Wert hergegeben hat – bei Schenkungen an Ehegatten läuft diese 10-Jahres-Frist erst ab dem Ende der Ehe (Scheidung); auch diese Schenkungen muß der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten mitteilen, wenn der das verlangt. Das Verzeichnis muß geordnet sein, so daß ein vernünftiger Mensch mit vertretbarem Aufwand sieht, was alles zum Nachlaß gehört. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, daß er beim Erstellen des Verzeichnisses anwesend ist. Außerdem kann er auch verlangen, daß ein Notar das Nachlaßverzeichnis erstellt.
Bewertung einzelner Nachlaßgegenstände durch Sachverständigengutachten kann der Pflichtteilsberechtigte auch verlangen. Dabei muß der Gläubiger des Anspruchs jedoch genau genug bezeichnen, welcher Gegenstand denn bewertet werden muß. Eine pauschale Forderung, den ganzen Nachlaß zu bewerten, entspricht nicht dem gesetzlichen Anspruch.
Belege werden häufig verlangt, manche Pflichtteilsberechtigte wollen sogar sämtliche Aktenordner des Verstorbenen ausgehändigt bekommen und verlangen dann auch noch Nachforschungen der Erben bei Banken. Als Anwalt hat man den Eindruck, daß das gerade von den Pflichtteilsberechtigten verlangt wird, die ihre juristischen Kenntnisse aus mehrere Ehescheidungen haben und dann meinen, der Pflichtteilsstreit würde nach den gleichen Regeln ablaufen. Im Gesetz ist bei den Vorschriften zum Pflichtteilsrecht aber nichts dergleichen geregelt. Trotzdem gesteht die Rechtsprechung in bestimmten Fällen dem Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch auf Belege zu, insbesondere wenn es um die Erbschaftsteuermeldung der Banken über Kontostände und die Existenz eines Schließfachs geht. Bei anderen Vermögenswerten ist die Rechtsprechung zurückhaltender, wobei es hier durchaus unterschiede zwischen den einzelnen örtlichen Gerichten gibt.

B.) Miterben sind sich gegenseitig nur ausnahmsweise dazu verpflichtet, Auskunft über ihr Wissen zu Nachlaßgegenständen zu geben. Eine konkrete Regelung im Gesetz gibt es abgesehen von den Ausgleichungspflichten nicht. Im „normalen“ Erbfall wird zwischen den Miterben lediglich die Generalklausel vom Grundsatz von Treu und Glauben (BGB § 242) in Ausnahmefällen für Auskunftsansprüche herangezogen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Anspruchsteller sonst kaum eine Möglichkeit hätte, sich einen Überblick über den Nachlaß zu verschaffen und es gleichzeitig für den Miterben eine Leichtigkeit ist, die geforderte Auskunft zu erteilen.

C.) Ausgleichungspflichten bestehen zwischen Abkömmlingen (Nachkommen) des Erblassers, wenn diese als Miterben die gesetzlichen Erbquoten erhalten. Sofern das der Fall ist, ist die Auskunftspflicht in BGB § 2057 geregelt: „Jeder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen, die er nach den §§ 2050 bis 2053 zur Ausgleichung zu bringen hat“, also über folgende Zuwendungen:
– Ausstattung, soweit der Erblasser nicht schon bei der Zuwendung etwas anderes angeordnet hat. Als Ausstattung definiert das Familienrecht in BGB § 1645 I das, „was einem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung[…] oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird […]“;
– Zuschüsse für die Vorbildung zu einem Beruf oder als Einkommen, soweit das die finanziellen Verhältnisse des Erblassers überstiegen hat (also jedenfalls mehr als gesetzlich geschuldeter Unterhalt);
– andere Zuwendungen, wenn der Erblasser bereits bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.

D.) Nacherben können von Vorerben „Auskunft über den Bestand der Erbschaft […] verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt.“ Außerdem müssen Vorerben auf Verlangen eines Nacherben  Rechenschaft ablegen. Das geschieht, vereinfacht gesagt, durch eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben sowie ein Bestandsverzeichnis zur Vorerbschaft. Wenn die Nacherbschaft mit dem Tod des Vorerben eintritt, dann müssen die persönlichen Erben des Vorerben diese Auskünfte gegenüber den Nacherben erteilen – wie auch immer sie das schaffen sollen. Eine Befreiung des Vererben von diesen Pflichten ist möglich, wenn das in der letztwilligen Verfügung des Erblassers angeordnet ist; dann hängt es aber vom Zufall ab, ob die Nacherben überhaupt etwas von der Vorerbschaft sehen werden. Bereits die Auskunftspflichten des Vorerben führen oft zu heillosen Streitereien, ob sie nun bestehen oder ausgeschlossen wurden. Allein schon deshalb sollte man sich gut überlegen und einen kompetenten Fachanwalt fragen, ob eine Vor- und Nacherbfolge im konkreten Fall überhaupt sinnvoll sein kann.

E.) Es gibt noch einige weitere Auskunftsansprüche im Erbrecht, die jedoch nur selten eine Rolle spielen. Deshalb erwähnen wir sie nur kurz: Der tatsächliche Erbe kann vom Erbschaftsbesitzer und auch vom Hausgenossen des Erblassers Auskunft verlangen, was diese an Nachlaßgegenständen bei sich haben und wie sie diese verwaltet haben. Auch bei der Errichtung eines amtlichen Nachlaßinventars und beim Aufgebot der Nachlaßgläubiger gibt es Regelungen zu Auskünften.

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