Ein Ehepaar geht zum Notar und läßt ein Gemeinschaftliches Testament beurkunden. Darin wird bestimmt, daß die nächsten Verwandten der Ehefrau (Erbtante) -sofern sie zuerst verstirbt- als Vermächtnis das bekommen, was von ihren Geldanlagen nach dem Tod des Ehemanns übrig sein wird. Fällig soll das Vermächtnis folglich auch erst nach dem Tod ihres Ehemanns sein.
Die Frau stirbt zuerst. In diesem Zeitpunkt hat ihr Vermächtnisnehmer mangels ausdrücklicher Regelungen noch nicht einmal Anspruch auf Auskünfte über die Geldanlagen , die sie hinterlassen hat. Nachdem der Mann Millionär ist, hielt man es wohl für unwahrscheinlich, daß er das Vermögen seiner Frau aufbrauchen werde, es sei denn er braucht für einen Pflegefall unvorhergesehen viel Geld.
Ihr Mann hat dann aber versucht, das Vermögen seiner Frau „spurlos“ verschwinden zu lassen. Den Verwandten seiner verstorbenen Frau gönnte er überhaupt nichts.
Gut 10 Jahre später stirbt auch er. Seine Kinder sind die Schlußerben. Sie müssen aber jetzt das Vermächtnis erfüllen. Sie reagieren aber sehr zögerlich und behaupten schließlich, sie wüßten nicht darüber Bescheid, was ihr Vater mit dem Vermögen gemacht hat, außerdem sei bei seinem Tod nur noch sehr wenig von seinem millionenschweren Immobilienvermögen übrig gewesen. Ein Teil der Kinder habe Pflegekräfte organisiert, die teuer gewesen seien. Allerdings legen sie dem Vermächtnisnehmer keinerlei Belege über diese angeblichen Kosten vor.
Das Landgericht verurteilt sie dazu, Auskunft zu geben über (A.) die Geldanlagen der Erbtante an deren Todestag, (B.) was davon beim Tod des Witwers übrig war und (C.) was mit den Mittelabflüssen geschehen ist, damit der Vermächtnisnehmer einschätzen kann, was ihm zusteht. Auskunft über die Mittelabflüsse ist deshalb wichtig, weil der Witwer nach dem Gesetz das ausgeben durfte, was er für sich selber benötigt hat, also beispielsweise Geld für Pflegepersonal, das er nicht mit seinem eigenen Vermögen bezahlen konnte.
Nach der Verurteilung schreiben die Erben endlich die Geldinstitute an und fragen nach den Kontoständen und Erbschaftsteuermeldungen für den Todestag der Erbtante. Die Erben geben daraufhin dem Neffen der Erbtante die Auskunft: „Bank und Sparkasse haben keine Unterlagen mehr über das, was vor 12 Jahren zur Bankverbindung gehört hat und berufen sich auf das Ende einer Aufbewahrungsfrist.“
Diese Auskunft ist unbeachtlich und erfüllt nicht das Urteil. Die Erben hätten sich ernsthaft um Auskünfte bemühen müssen. Der Verweis auf „Ende einer Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren“ kommt zwar häufig von Banken und Sparkassen, er ist aber falsch und auch reichlich weltfremd: Bereits im eigenen Interesse wird ein Geldinstitut Kontostände länger als 10 Jahre nachvollziehen können. Für die eigenen Steuerangelegenheiten hat die Bank bzw. Sparkasse außerdem eine Aufbewahrungsfrist zu erfüllen, die nicht tatgenau 10 Jahre beträgt sondern erst in dem Jahr beginnt, in dem eine Steuererklärung für das jeweilige Jahr nicht mehr angreifbar ist, in der Praxis ist das oft erst nach 14 Jahren der Fall. Nachdem die Auskunftsansprüche aus dem Urteil nicht ernsthaft erfüllt wurden, kann der Vermächtnisnehmer nun beantragen, daß das Landgericht den Erben Zwangsgeld und bei beharrlicher Verweigerung sogar Zwangshaft auferlegt, um sie dazu zu animieren, daß sie ihre Pflichten erfüllen.