Erbfall des Monats - August 2019

Ausgleichung zwischen den Kindern

Manchmal steckt in den Details mehr, als man für möglich hält. Im Testament verfügten die Eltern, daß die Kinder nach dem länger lebenden Elternteil alles zu gleichen teilen erben sollen. Nach dem Tod der Eltern kam es dann aber doch zum Streit darüber, wie die Erbschaft aufzuteilen ist.
Eines der Kinder hatte nämlich vor einigen Jahren massive finanzielle Probleme in seinem Unternehmen gehabt. Dafür hat es umfangreiche Zuwendungen von den Eltern erhalten, um nicht den Makel eines Bankrotts bei einem Familienangehörigen erleben zu müssen. Die Eltern mußten sich bei ihren Ausgaben massiv einschränken, bis alle Schulden dieses Kindes beglichen waren. Das Gesetz sieht vor, daß zwischen den Abkömmlingen (=Kindern) derartige Zuwendungen als Ausstattung ausgleichungspflichtig sein können.
Dieses Kind war aber nicht etwa dankbar. Stattdessen gab es einen Teil der finanziellen Hilfen für Luxuskonsum aus. Darüber ärgerte sich verständlicherweise der Rest der Familie. Im Erbfall wollte dieses reich beschenkte Kind dann auch noch, daß sein Sparkassenkredit von der Erbengemeinschaft bezahlt und der Rest zwischen den Erben zu gleichen Teilen aufgeteilt wird. Das brachte das Faß zum überlaufen.
Ein Miterbe, der ursprünglich eine Teilung des Nachlasses akzeptiert hätte, ohne die Zuwendungen der Eltern zu deren Lebzeiten zu berücksichtigen, wollte jetzt wenigstens Informationen über die Entwicklung des Vermögens der Eltern haben. Der andere Miterbe hatte nämlich Vollmacht über das Bankkonto der Mutter und ließ sich deren Kontoauszüge aus dem Elternhaus zu sich schicken,  so daß die Miterben nur den aktuellen Kontostand erfahren haben. Und auch für ausgleichungspflichtige Schenkungen und andere Zuwendungen der Eltern sind die erbenden Geschwister untereinander zur Auskunft verpflichtet.
Der Miterbe, der Vollmacht hatte, machte jetzt den dümmsten Fehler, den es gibt: Er verweigert jegliche Auskünfte. Wer eine Vollmacht ausgeübt hat, ist zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet; wer diese Pflicht verweigert, macht sich verständlicherweise verdächtig.
Stattdessen behauptet er, ein weiterer Bruder sei ihm zur Ausgleichung verpflichtet für etwas, was er selber nicht so genau erklären kann. Die Angelegenheit war mittlerweile vor Gericht, der reich beschenkte Miterbe, der auch Vollmacht hatte, ist nun der Beklagte im Prozeß über Auskünfte. In 7 Anträgen geht es um Auskünfte über einerseits die ausgleichungspflichtigen Zuwendungen und andererseits zu dem, was er mit der Vollmacht für die Mutter erledigt hat. In der mündlichen Verhandlung versuchte der Richter zwei Stunden lang, etwas nachvollziehbares von dem Miterben zu erfahren, der die umfangreichen Zuwendungen von den Eltern erhalten und Vollmacht über das Konto der Mutter hatte. Der Miterbe machte jedoch immer nur vage Ausführungen und verhedderte sich mehrfach in Widersprüche.
Der Beklagte meinte dann auch noch, sein Anwalt sei besonders schlau vorgegangen mit dem Antrag, daß der Teil der Klaganträge an ein anderes örtliches Gericht verwiesen wird. Der Richter wies in der Verhandlung noch vor dem Verweisungsbeschluß darauf hin, daß die Erbschaft nicht aufgeteilt werden kann, solange nicht alle Auskunftsklagen bei sämtlichen Gerichten erledigt sind. Die Aufteilung des Verfahrens auf Gerichte an zwei verschiedenen Orten wird die Erbteilung also verzögern, ohne daß es irgend jemand einen Vorteil bringen würde. Der Beklagte möchte eigentlich auch so schnell wie möglich Geld vom Nachlaßkonto bekommen. Er ist also alles andere als ein Sieger mit seinem „erfolgreichen“ Antrag, einen Teil der Auskunftsansprüche an ein anderes Gericht zu verweisen. Außerdem ist jetzt schon so gut wie sicher, daß er vom Gericht an seinem Wohnort dazu verurteilt wird, den Miterben Auskünfte zu erteilen über alles, was er mit der Vollmacht für die Eltern getan hat. Und wer einen Prozeß verliert, muß dem erfolgreichen Gegner unter anderem auch die Reisekosten und Zeitversäumnis für die Gerichtsverhandlung ersetzen; die Aufteilung auf zwei Gerichtsstände macht den Rechtsstreit über das Erbe der Eltern also nur noch teurer, und der Beklagte wird wohl einige tausend Euro zusätzliche Prozeßkosten übernehmen müssen. Am Tag der ersten Verhandlung hat er sich vielleicht noch als Sieger gefühlt, in den nächsten Monaten wird er dann aber bemerken, daß er nichts gewonnen hat. Manchmal ist es sinnvoller, ein Register des Prozeßrechts nicht zu ziehen, weil es einem einfach keinen Vorteil bringt.

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