Was tun mit Schreiben vom Erbenermittler?
Stellen Sie sich vor, sie schauen die Post aus Ihrem Briefkasten durch. Und es ist ein Brief vom Erbenermittler an Sie als “unbekannte Erben” dabei. Da stellt sich die Frage: Was tun?
Immer wieder kommen Anfragen in unserer Anwaltskanzlei herein wegen Briefen von gewerblichen Erbenermittlern. Diese Briefe kommen überraschend, weil man den verstorbenen Verwandten meistens nicht persönlich kannte. Wenn man einen solchen Brief bekommt, stellt sich die Frage: Was soll ich tun mit der Post vom Erbenermittler? Ist das seriös oder ein Versuch, über Vorschüsse an das Geld des möglichen Erben heranzukommen?
Ein Erbenermittler recherchiert die unbekannten Erben eines Verstorbenen. Das kommt häufig vor, wenn nur entfernte Verwandte vorhanden sind und es einen größeren Aufwand macht, diese zu ermitteln. Das Verwandtenerbrecht sieht vor, daß die nächsten Verwandten gemäß der Erbordnungen erben, wenn es kein Testament gibt. Die nächsten Verwandten können im Stammbaum auch einige Grade entfernt sein. Es gibt Erbenermittler, die vom Nachlaßgericht eingesetzt werde und die eine reglementierte Vergütung erhalten.
Es gibt aber auch Erbenermittler, die gewerblich tätig sind; diese Erbenermittler erfahren üblicherweise, daß es einen Nachlaß mit gewissen Vermögenswerten gibt, und dann recherchieren sie die Erben. Gewerbliche Erbenermittler leben davon, daß die ermittelten Erben sie bezahlen, was nur auf freiwilliger Basis möglich ist. Sie teilen daher den Namen des Verstorbenen erst mit, nachdem ein Vertrag unterschrieben wurde mit einer Honorarvereinbarung. Üblicherweise wird das Honorar erst am Ende der Erbenfeststellung durch das Nachlaßgericht fällig, Vorschüsse werden normalerweise nicht verlangt.
Wie teuer sind Erbenermittler für die “unbekannten Erben”?
Das obere Ende der Honorarforderungen sind dabei 30% – 35%, und das ist gelegentlich nur der Nettobetrag ohne Steuer. Die Erben sind oft verunsichert bei diesen hohen Zahlen und der Ungewißheit über den Nachlaß des unbekannten Verwandten, möglichen weiteren Kosten und sonstigem Aufwand.
Zunächst ist es wichtig, alle realistischen Kosten im Auge zu haben. Beim Honorar des Erbenermittlers bedeutet das auch, daß die Preisangabenverordnung ausdrücklich verlangt, daß einem Verbraucher der Endpreis einschließlich Umsatzsteuer genannt wird. Bei 19% Steuersatz ist das durchaus sinnvoll, damit ein argloser Mensch nicht in eine Kostenfalle tappt. Dazu kommen mögliche weitere Kosten. Beim Angebot des Erbenermittlers sollten bei hohen Prozentsätzen wenigstens die Kosten für Personenstandsurkunden enthalten sein, die zum Nachweis der Erbenstellung erforderlich sind. Der Erbenermittler sollte nicht zu teuer sein, damit von der Erbschaft am Ende noch etwas übrig bleibt.
Der Erbe bekommt als Rechtsnachfolger nicht nur die Vermögenswerte des Erblassers, sondern auch die Nachlaßverbindlichkeiten. Das fängt bei den Kosten der Beerdigung an, es können aber auch Kredite oder sonstige Verbindlichkeiten auf den Erben zukommen. Manchmal läßt sich hier schon im Vorfeld etwas herausfinden, sonst muß man später über die verschiedenen gesetzlichen Mittel der Haftungsbeschränkung nachdenken.
Schließlich kommt bei entfernter Verwandtschaft noch Erbschaftsteuer hinzu, da der Freibetrag für entfernte Verwandte nur €20.000 beträgt. Erbenermittler machen gerne Werbung damit, daß ihr Honorar bei der Erbschaftsteuer berücksichtigt werden könne. Tatsache ist dabei, daß nicht die ganze Summe von der Steuer abgezogen wird, sondern nur der Steuersatz auf diese Kosten gespart werden kann. Falls es einen Auslandsbezug gibt, beispielsweise durch eine Ferienimmobilie in Portugal oder Geldanlagen bei einem Treuhänder im Ausland, dann kommt Doppelbesteuerung in Frage.
Lohnt es sich unter dem Strich, Erbenermittler zu bezahlen?
In der Summe sollten die Kosten und Steuern in der Summe nicht höher sein als der Wert der Erbschaft, sonst ist der Erbe der Dumme und muß womöglich einen Rechtsanwalt mit der Haftungsbeschränkung beauftragen, damit nicht das eigene Vermögen angegriffen wird. Auf der anderen Seite ist eine Erbschaft von einem unbekannten entfernten Verwandten meistens doch eine finanzielle Wohltat. Was kann man tun, um eine plausible Einschätzung der Situation zu bekommen?
Ein Fachanwalt für Erbrecht kennt meistens schon die Branche der Erbenermittler mit ihren Besonderheiten. Manchmal steht im Anschreiben des Erbenermittlers, er oder sie sei gebeten worden, die Erben zu ermitteln. Hier drängt es sich auf, nach dem Auftraggeber fragen, um ein doppeltes Abrechnen zu verhindern. Es gibt nämlich gewerbliche Erbenermittler, die „nebenher“ in einem anderen Büro mit Kollegen zusammen als Nachlaßpfleger arbeiten. Für die Aufgabe des Nachlaßpflegers muß man vom Nachlaßgericht ernannt werden und bekommt dabei häufig auch die Aufgabe, die unbekannten Erben zu ermitteln. Die Vergütung dafür ist in aller Regel nicht annähernd so üppig wie die Honorarforderung eines gewerblichen Erbenermittlers. Wenn dann ein Nachlaßpfleger und eine gewerbliche Erbenermittlerin „zusammenarbeiten“, summieren sich deren Honorare, obwohl der Nachlaßpfleger die ermittelten Erben ans Nachlaßgericht melden muß für das offiziell zugebilligte Honorar, auch wenn er oder seine Kollegin keinen Auftrag des Erben für gewerbliche Dienste als Erbenermittler bekommen. Es ist wichtig, daß unter dem Strich genug für den Erben übrig bleiben kann. Sonst sollte man den Erbenermittler entweder gar nicht beauftragen oder gleich von Anfang an über seinen Preis verhandeln.
Jeder Einzelfall ist anders. Manchmal lohnt es sich, Erbenermittler zu bezahlen, um an die Erbschaft eines unbekannten Verwandten heranzukommen. Es gibt aber auch Fälle, bei denen am Ende gilt „außer Spesen nichts gewesen“. Deshalb ist es wichtig, die Kosten und die Frage nach ihrer Berechtigung immer im Auge zu behalten.
Gelegentlich ist es auch möglich, anderweitig herausfinden, wen man beerbt hat. Es gibt Informationsquellen, aus denen ein Rechtsanwalt mit Praxiserfahrung im Erbrecht den ein oder anderen Nachlaßfall mit unbekannten Erben herausfinden kann. Freilich kann jeder Betroffene auch selber recherchieren und dabei Kosten sparen, wenn der Aufwand dafür einen nicht abschreckt.
Die Tatsache, daß meistens mehr Vermögen als Verbindlichkeiten in der Erbschaft vorhanden sind, macht eine Erbschaft trotz aller Ungewißheit interessant. Im Zweifel lohnt es sich, mit einem Erbrechtsanwalt zu sprechen, was man im konkreten Einzelfall tun kann.