„Green Effects“ als Kapitalanlage zu erben – das hört sich wunderbar an, heute in einer Zeit mit Topthemen wie „Klimakrise“ kann man mit dieser Erbschaft wohl gutes tun und damit auch noch Geld verdienen, ohne selber etwas tun zu müssen. Der Erblasser des Monats hat sein Geld bei „Green Effects”angelegt – und zwar über einen Treuhänder in Irland, den sein Versicherungsvertreter ins Spiel gebracht hatte. Dann starb der Anleger. Der Treuhänder will die Kapitalanlage jetzt aber nur gegen Vorlage eines Dokuments eines irischen Nachlaßgerichts (Probate Court) herausgeben, mit dem die Erbin einen Nachweis nachweist, daß auch sie berechtigt ist, über den Nachlaß zu verfügen. Und das verlangt der, obwohl sie doch schon einen Erbschein hat! Was soll sie jetzt tun?
Der Fall ist unnötig kompliziert, denn der Erblasser hat immer in Deutschland gelebt, er hat hier geheiratet, ein Testament nach deutschem Erbrecht verfaßt, es wurde ein deutscher Erbschein erteilt, seine Alleinerbin lebt in Deutschland und alle Beteiligten haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Nur diese eine Geldanlage ist „irgendwie“ im Ausland.
Allerdings gehört Irland zu den beiden EU-Mitgliedsländern, die (noch) nicht bei der EU-Erbrechtsverordnung mitmachen. Dort gilt also kein Europäisches Nachlaßzeugnis. Somit muß für Vermögenswerte des Verstorbenen in diesem Land noch ein extra Nachlaßverfahren durchgeführt werden, als wäre es nicht in Europa, sondern in Amerika, Afrika oder China. Der Aufwand ist so groß, wie es sich anhört, vor allem ist das Rechtssystem dort ganz anders und die wenigsten Deutschen verstehen es so richtig.
Dabei wäre es viel einfacher gegangen: In Wirklichkeit handelt es sich entgegen aller Gerüchte bei „Green Effects“ keinesfalls um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einem gewerblichen Unternehmen, sondern ganz einfach nur um einen offenen Investmentfonds, der sogar an der Kleinanlegerbörse in Stuttgart gehandelt wird. Die Anteile an diesem Fonds können ohne weiteres bei allen deutschen Banken und Sparkassen jederzeit und in jedem noch so billigen Depotmodell verwahrt werden. Der Umweg über einen Treuhänder in Irland war objektiv vollkommen überflüssig. Vermutlich hat der deutsche Versicherungsvertreter eine größere Provision dafür bekommen, daß er den ausländischen Treuhänder ins Spiel gebracht hat – und der Anleger hat allem Anschein nach überhaupt nicht darüber nachgedacht, was er da unterschreibt und warum diese komplizierte Konstruktion für die Anlage einiger tausend Euro denn nötig sein soll. Für ander ist es eine Lehre, für diesen Erbfall brauchen wir aber immer noch eine Lösung, damit die Witwe als Erbin an das Geld kommt.
Die Lösung der Schwierigkeiten ist durchaus möglich. Theoretisch kann man den „Grant of Probate“ selber beantragen. Einfacher ist es freilich, einen deutsch-irischen Anwalt zu engagieren, der sich damit schon auskennt und beide Rechtssysteme versteht. Mit dem Nachweis des Probate Court wird es dann eigentlich sehr leicht, die Erbschaft zügig abzuwickeln.
Besondere Schwierigkeiten gibt es im aktuellen Erbfall des Monats aber auch noch, und die sind auch für den Fachmann nur mit größerem Aufwand zu meistern: Der Erblasser mochte seinen Vornamen nicht, hat stattdessen auf allen Verträgen einen Spitzname angegeben. In Geburtsurkunde, Ausweis und Erbschein stehen selbstverständlich die richtigen Namen. Wie soll da ein ausländisches Gericht und der Treuhänder wissen, daß das trotzdem ein und dieselbe Person war? Das ganze Theater konnte aber nur deshalb zum Problem werden, weil die Vertragspartner des Erblassers keine Identitätsprüfung durchgeführt haben. Eine pragmatische Lösung kann jenseits des Erbrechts stattfinden: In Zeiten von Geldwäscheprävention usw. bedeutet die Ungereimtheit bei Namen und Identitätsprüfung nämlich, daß der Vermittler der Kapitalanlage den Schaden in Höhe der zusätzlichen Kosten als Schadenersatz bezahlen muß, die durch die Angabe des Spitznamens auf dem Vertrag entstanden sind. Er hat ja den Abgleich mit dem Ausweisdokument vernachlässigt, obwohl das auf dem Formular des Treuhänders ausdrücklich vorgesehen ist. Die Erbin will diesen Vermittler aber nicht in Haftung nehmen. Also wird sie selber den Aufwand für die Abwicklung dieser „Kapitalanlage“ zahlen müssen.