Den Nachkommen „etwas Bleibendes hinterlassen“ ist ein häufiger Wunsch zukünftiger Erblasser. Und dieses „Etwas“ ist häufig ein Guthaben bei einer Bank. Im Erbfall des Monats ist das Guthaben auf einer „Sparkarte“. Diese Sparkarte ist in diesem Fall nichts anderes als eine Karte zu einem Sparkonto, mit der bei den Automaten der Bank Bargeld abgehoben und am SB-Automat der Bank nach dem aktuellen Kontostand geschaut werden kann, ansonsten sind die Bedingungen wie bei einem klassischen Sparbuch (also ein Konto, das nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt ist, auf dem Geld unbefristet angelegt wird und bei dem vor der 3-monatigen Kündigungsfrist nur €2.000 pro Monat abgehoben werden können).
Im aktuellen Erbfall des Monats haben die Erben diese Sparkarte im Nachlaß, jedoch keine Kontoauszüge gefunden, nur eben die elektronische Karte mit der geheim zu haltenden PIN, die nur der Karteninhaber selber wissen und verwenden darf – und der ist ja der Erblasser unseres Falles, also inzwischen tot.
Aus rechtlicher Sicht ist dieses Konto ein „Loseblattsparbuch“. Der Unterschied zum klassischen gebundene Sparbuch ist, daß die Kontoauszüge mit den Ein- und Auszahlungen sowie Zinsgutschriften und Belastung der Kapitalertragsteuer an die Adresse des Kunden geschickt werden, der sie dann abheften oder anderweitig aufbewahren kann. Der aktuellste Kontoauszug ist dann das, was sonst das „gute alte Sparbuch“ mit untereinander geschriebenen Ein- und Auszahlungen sowie Zinsgutschriften ist. Die Bank nennt den aktuellen Auszug auch Sparurkunde.
Jetzt fängt ein praktisches Problem an: Ein Sparbuch ist ein sogenanntes „Rektapapier“, das heißt: Das Recht am Sparbuch folgt dem Recht aus dem Sparbuch. Mit anderen Worten: Wenn die Guthabenforderung abgetreten wird, steht sie demjenigen zu, an den abgetreten wurde (Zessionar). Konkret kommt das häufig bei Schenkungen vor, wenn der Beschenkte das Sparbuch ausgehändigt bekommt. Beim Loseblattsparbuch ist die besondere Schwierigkeit, daß der aktuelle Kontoauszug möglicherweise auch aus anderen Gründen, beispielsweise zur Kontrolle der Buchungen, jemandem gegeben wurde, ohne daß das Guthaben abgetreten wurde. Sehen kann man das nicht, so daß bei dieser Art von Sparkonto eine gewisse Unsicherheit besteht, wem das Geld denn nun zusteht. Für die Bank ist es beim Sparbuch so, daß sie mindestens im Umfang der €2.000 monatlich an den zahlen kann, der das Spardokument vorlegt; Ausnahmen gibt es nur bei mindestens grob fahrlässigen Fehlern der Bank, etwa nach einer ignorierten Verlustmeldung oder bei allzu hohen Beträgen. Sonst ist das Guthaben mit Wirkung gegen den wirklichen Kontoinhaber wirksam ausbezahlt, wenn nur das Spardokument bei der Bank einen korrekten Eindruck gemacht hat. Damit die Bank nicht sehenden Auges ins Risiko geht, wird sie das Guthaben also nicht allzu freigiebig an die Erben auszahlen, sondern auf den Formalien bestehen, die die Bank und indirekt auch den Kunden absichern.
In unserem aktuellen Fall wird aber gar kein Auszug (Sparurkunde) gefunden. Lediglich ein Finanzstatus der Bank und die Erbschaftsteuermeldung weisen das Konto mit der Bezeichnung „Sparkarte“ und einem stattlichen Guthaben aus. Was können die Erben nun tun? Wenn die Sparurkunde nicht gefunden wird, dann kommen unsere Erben nur dadurch an das Guthaben, daß sie beim Amtsgericht ein Aufgebotsverfahren beantragen, um das Dokument für kraftlos erklären zu lassen. Das kostet Zeit und Gebühren, führt aber zum Ziel der Auszahlung. Nach dem Aufgebotsverfahren können sie dann das Guthaben vom geerbten Konto bei der Bank abrufen, müssen aber dafür freilich auch noch einen Nachweis der Erbenstellung vorlegen, zum Beispiel einen Erbschein. Am Ende werden sie nach all dem Aufwand das geerbte Sparguthaben ausgezahlt bekommen.
Wie kann man vorbeugen, damit das Guthaben der Sparkarte leichter verfügbar ist als in diesem praktischen Problemfall? – Damit das Erbe möglichst einfach und problemfrei bei den Erben ankommt, sind geordnete Unterlagen zu den Bankkonten wichtig. Das wird am Erbfall des Monats wieder einmal deutlich: Wenn die Erben den letzten Kontoauszug finden würden, könnten sie das Guthaben vom Sparkonto abheben. Wenn nicht, müssen sie entweder die langwierige Prozedur eines Aufgebotsverfahrens beim Amtsgericht durchlaufen oder auf eine Erleichterung hoffen, die manche Banken aus Gefälligkeit möglich machen: Manchmal wird eine „Haftungserklärung“ angeboten, in der die Erben zusichern, daß sie nach bestem Wissen tatsächlich die Berechtigten sind und sich verpflichten, das Guthaben an die Bank zurückzuzahlen, falls sich am Ende etwas anderes herausstellen sollte. Dabei geht die Bank das Risiko ein, daß die Erben das Geld bis dahin schon ausgegeben haben oder nicht mehr aufzufinden sind, weshalb es eine Möglichkeit ist, die die Bank nur auf freiwilliger Basis aber ohne Rechtspflicht macht.
2 Zusatzfragen für „Kenner“:
1.) Was ist, wenn mehrere Namen im Konto genannt sind? – Das führt zu Unklarheit darüber, ob ihnen jeweils die Hälfte zusteht oder ob ein anderes Verhältnis gelten soll. Außerdem ist nicht auf den ersten Blick klar, ob im Todesfall der überlebende Inhaber und die Erben des verstorbenen Inhabers nur noch über jeweils ihren Anteil verfügen dürfen oder ob es bei der Grundregel bleibt, daß beim Oder-Konto jeder Mit-Inhaber über das ganze Guthaben verfügen kann. Einfacher ist es, wenn jeder sein eigenes Konto hat, damit maximale Klarheit besteht.
2. Warum verwenden viele Banken und Sparkassen heute noch diese unsicheren Sparbücher, anstatt auf „normale“ Konten mit eindeutig feststehendem Inhaber umzustellen? – Die Antwort ist im Bank- und Sparkassenrecht zu finden: Einlagen auf Sparbüchern können für die Ausgabe langfristiger Kredite verwendet werden, bei „normalen“ Guthaben geht das nicht so einfach.