Vom Teilen, Erben und Schenken
Im Ländle gehört zu einer Erbschaft sehr häufig auch wenigstens eine Immobilie. Im Vergleich zu einem geerbten Geldvermögen gibt es bei Immobilien einige Besonderheiten. Die Regelungen finden sich verstreut in verschiedenen Gesetzen.
Erben können sich innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall gebührenfrei als neue Eigentümer ins Grundbuch eintragen lassen. Wenn die Immobilie später an einen neuen Eigentümer übertragen werden soll, ist die lückenlose Eintragung der Erben erforderlich. Wer innerhalb der 2-Jahres-Frist die Eintragung vornehmen läßt, spart sich die Gebühr des Grundbuchamtes. Bei Erbengemeinschaften stellen Immobilien immer wieder Herausforderungen an die Erben. Gibt es hier keine Regelung im Testament oder Erbvertrag, wodurch die Immobilie durch eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis einem bestimmten Erben zugewiesen wird, dann ist die Erbengemeinschaft für die Verwaltung der Immobilie gemeinschaftlich zuständig. Die Aufteilung von Immobilien bereitet erfahrungsgemäß größere Schwierigkeiten als die Aufteilung eines reinen Geldvermögens. Wenn sich die Erben nicht einig werden, wer die Immobilie übernimmt oder wenn bei einem Verkauf der Immobilie über den angemessenen Kaufpreis Streit entsteht, dann kann jeder Miterbe die Teilungsversteigerung beantragen. Das führt im Einzelfall oft zu einem niedrigeren Erlös als bei einem „normalen“ Verkauf. Gelegentlich beantragt ein Miterbe die Teilungsversteigerung aber auch, um die Immobilie selbst zu ersteigern.
Häufig behalten die Erben die Immobilie aber auch in ungeteilter Erbengemeinschaft, manchmal über Jahrzehnte hinweg. Schwierigkeiten kann dabei die Verwaltung einer geerbten Immobilie durch die Erbengemeinschaft bereiten, weil die Regelung im Gesetz davon ausgeht, daß die Erbengemeinschaft möglichst zügig den Nachlaß aufteilt. Bis dahin verwaltet die Erbengemeinschaft jeden einzelnen Nachlaßgegenstand gemeinschaftlich. Das heißt, daß Renovierungen gemeinsam geplant und durchgeführt werden müssen. Bei einer vermieteten Wohnung wird die Erbengemeinschaft Vermieter. Mieterhöhungen sowie – bei schwerwiegenden Problemen mit den Mietern – Abmahnungen und Kündigungen können nur von der Erbengemeinschaft ausgesprochen werden. Auch Verfügungen wie den Verkauf der Immobilie kann die Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich vornehmen. Hierfür ist die Unterschrift jedes einzelnen Miterben erforderlich.
Besonders schwierig wird die Verwaltung oder der Verkauf der Immobilie bei einer sogenannten„mehrstufigen Erbengemeinschaft“. Wenn ein Erbe vor der Aufteilung des Nachlasses selbst verstirbt, bekommen seine Erben auch den Anteil an der Erbengemeinschaft. Hier müssen erst die Erben des jüngeren Erbfalls sich einigen, wie sie ihre Stimme aus dem geerbten Erbteil ausüben. Soll eine Immobilie über Generationen hinweg in der Familie bleiben, dann bietet sich die Gründung einer Gesellschaft an, die die Immobilie verwaltet.
Wenn die Erben sich untereinander ausreichend viel Vertrauen schenken, kann einer von ihnen bzw. ein Außenstehender mit der Verwaltung der geerbten Immobilie beauftragt werden und eine Vollmacht zur Vertretung der Erbengemeinschaft bekommen. Manchmal hat auch schon der Erblasser eine Vollmacht erteilt. Die gilt dann in aller Regel auch über den Tod des Erblassers hinaus und macht den Nachlaß handlungsfähig.
Pflichtteilsansprüche können den Erben gerade bei Immobilien schwer treffen. Wenn beispielsweise ein „Berliner Testament“ den Ehegatten zum Alleinerben macht und die Kinder – bei kinderlosen Erblassern sogar die Eltern – den Pflichtteil verlangen, dann muß der Pflichtteil sofort in Bar ausbezahlt werden. Die Höhe der auszuzahlenden Geldsumme errechnet sich aus dem Gesamtwert des Nachlasses. Der Erbe eines immobilienlastigen Vermögens muß also Geld hergeben, von dem er möglicherweise gar nicht genug hat, um selbst finanziell abgesichert zu sein. Wer sein Testament schreibt, sollte dieses Problem berücksichtigen. Wer als Erbe einen Pflichtteil auf Immobilienwerte auszahlen muß, ist gut beraten wenn er eine einvernehmliche Regelung sucht und zum Beispiel vereinbart, daß der Pflichtteil über einen längeren Zeitraum in Raten auszahlt. Das Gesetz sieht eine Stundung des Pflichtteils nur für den Fall vor, daß der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt ist (also der Ehegatte, Kinder, beim kinderlosen Erblasser auch die Eltern) und außerdem die Erfüllung des Pflichtteils den Erben ungewöhnlich hart treffen würde.
Der Pflichtteil belastet den Erben besonders dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte bereits durch großzügige Schenkungen Vermögen des Erblassers bekommen hat. Bei der Schenkung kann angeordnet werden, daß diese Schenkung auf einen späteren Pflichtteilsanspruch angerechnet wird. Das muß aber schon bei der Schenkung so festgelegt werden.
Auch die Erbschaftsteuer kann bei geerbten Immobilien besondere Probleme verursachen. Die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer trat am 01. Januar 2009 in Kraft. Der Erbschaftsteuerwert soll jetzt den tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie erreichen. Bisher wurden die meisten Immobilien noch weit unter dem Verkehrswert versteuert. Dafür wurden die Freibeträge deutlich angehoben. Der Ehegatte kann 500 000 Euro steuerfrei erben, jedes Kind 400 000 Euro. Verwandte in der Seitenlinie (Geschwister, Neffen, Nichten usw.) haben jedoch nur einen Freibetrag von 20 000 Euro und einen Steuersatz, der auf mindestens 30% erhöht wurde. Eine neue Möglichkeit, Erbschaft- und Schenkungsteuer zu sparen, gibt es bei der vorweggenommenen Erbfolge, wenn da ein lebenslanges Nutzungsrecht vorbehalten wird: Bei der Schenkung wird der kapitalisierte Wert des Nutzungsrechts vom Wert des verschenkten Eigentums abgezogen. Die neue Regelung sieht vor, daß das Nutzungsrecht im Erbfall steuerfrei wegfällt.
(Katholisches Sonntagsblatt Nr. 18 vom 03. Mai 2009, Seiten 40/41 und Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg Nr. 18 vom 03. Mai 2009, Seiten 14/15)